Vaters unbekanntes Land (German Edition) by Bernhard Stäber

Vaters unbekanntes Land (German Edition) by Bernhard Stäber

Autor:Bernhard Stäber [Stäber, Bernhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Egmont LYX.digital
veröffentlicht: 2015-01-26T05:00:00+00:00


18

Arne und Frode saßen in der Küche des alten Bauernhauses an einem wuchtigen, langen Holztisch. Arne hatte seine nasse Jeans gegen eine trockene aus seiner Reisetasche getauscht. Misstrauisch beäugte er den Hund, der ihn bei ihrer Ankunft zu Boden geworfen hatte. Für den Moment sah der Köter so harmlos wie ein überdimensionales Stofftier aus. Er hatte sich auf einer schmutzigen Wolldecke in einer Ecke des Raums zusammengerollt und beobachtete hechelnd und mit schief aus dem Maul hängender Zunge, was um ihn herum vor sich ging. Die steinalte Frau, der sie vor dem Haus begegnet waren, hatte ihm den Futternapf gefüllt. Jetzt erhitzte sie den Inhalt eines großen Topfs. Der würzige, leicht bittere Geruch von Lamm stieg Arne in die Nase. Sein Magen begann laut zu knurren.

Er hörte die Küchentür knarren und sah sich um. Der stämmige Mann um die fünfzig, der eingetreten war und sich zu Frode und ihm an den Tisch setzte, musste Magnus Skog Sandmo sein. Sein Kopf war beinahe kahl, nur hinter den Ohren besaß er noch etwas kurzgeschorenen, hellen Flaum. Dafür wucherte sein rotblonder Vollbart umso dichter.

»Hallo!«, begrüßte er sie mit Handschlag. Die Ärmel seines grauen Baumwollhemds waren hochgerollt. Darunter sah Arne muskulöse Arme voller Sommersprossen, die mit dichtem Flaum in derselben Farbe wie sein Bart überzogen waren. »Ich habe euch gar nicht kommen hören. Mein Arbeitszimmer geht nach hinten zum Wald hinaus.«

Magnus’ Stimme war tief und volltönend. Sie hätte einem Opernsänger gehören können. Arne und Frode stellten sich vor.

»Ich hab gehört, ihr habt bereits Bekanntschaft mit Akka und Kuling gemacht«, sagte Magnus mit einem Seitenblick zu der alten Frau, die zwei Teller mit dampfendem Essen füllte.

»So kann man es auch nennen«, sagte Arne ungehalten. »Der Hund hätte mich um ein Haar gebissen!«

»Das hätte er nicht«, ließ die Alte am Herd sich in akzentfreiem Hochdeutsch vernehmen. »Nicht ohne Befehl. Kuling hat dich nur festgehalten.«

Arne starrte sie verblüfft an. Ungerührt blickte sie aus ihren winzigen dunklen Augen zurück. Ein Kranz dünnen weißen Haars umringte ihren Kopf wie ein Wattebausch.

»Sie … sie wissen, dass ich Deutscher bin?«, fragte er, wobei er unwillkürlich weiter auf Norwegisch sprach. Frode sah neugierig von ihm zu der alten Frau, die Magnus Akka genannt hatte.

»Natürlich«, sagte sie immer noch auf Deutsch, ohne mit der Wimper zu zucken. »So wie du dein R rollst, kommst du entweder von der Westküste oder aus Deutschland. Aber dein Akzent klingt nicht nach der Westküste.«

Sie stellte die Teller vor ihren beiden Gästen auf den Tisch. Frode fiel sofort über seinen her, als hätte er seit Tagen nichts mehr in den Magen bekommen. Arne sah, dass sie ihnen Labskaus aufgewärmt hatte.

»Ich gehe jetzt schlafen«, wandte Akka sich an Magnus, wobei sie wieder ins Norwegische wechselte. Arne fand, dass ihre Stimme in ihrer Muttersprache viel rauer klang.

»Vielen Dank für das Essen!«, ließ Frode sich mit vollem Mund vernehmen. Arne schloss sich ihm an. Zum ersten Mal erschien die Andeutung eines freundlichen Lächelns auf dem Gesicht der alten Frau. Sie nickte knapp und wünschte allen dreien eine gute Nacht. Als sie



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