Vatermord und andere Familienvergnuegen by Toltz Steve

Vatermord und andere Familienvergnuegen by Toltz Steve

Autor:Toltz, Steve [Toltz, Steve]
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 3421043892
Herausgeber: TUX
veröffentlicht: 2010-03-25T23:00:00+00:00


Als Anouk aus Bali zurückkam, war sie nicht so sehr überrascht als vielmehr stinksauer, weil sie alles verpasst hatte: den Zusammenbruch, das Kinderheim, die Psychiatrie und den Bau dieses ungeheuerlichen Monstrums. Aber so unglaublich es klingt: Sie kam wieder zur Arbeit, als sei nichts davon je geschehen. Sie veranlasste Dad dazu, eine Gegensprechanlage einzurichten, damit wir sie oder andere erwünschte Besucher durch den Irrgarten zu unserer befestigten Heimstatt lotsen konnten. Ich werde diese Frau nie verstehen, dachte ich, aber wenn sie an einem Ort endloser Wanderungen kochen und putzen will - ihre Entscheidung. Dort lebten wir also.

Wir waren abgeschnitten von der Welt und hatten nur die natürlichen Geräusche des Buschs, um uns zu beruhigen, zu stimulieren und zu ängstigen. Die Luft hier war anders, und ich war selbst überrascht: Ich liebte die Stille (im Gegensatz zu Dad, der sich angewöhnte, zu jeder Zeit das Radio laufen zu lassen). Zum ersten Mal spürte ich, dass an dem Spruch, der Himmel beginne einen Zentimeter über dem Boden, etwas Wahres dran war. Am Morgen roch das Buschland nach den besten Deos, die man je gerochen hat, und ich gewöhnte mich schnell an die mysteriösen Bewegungen der Bäume, die so regelmäßig atmeten wie ein Chloroformierter. Von Zeit zu Zeit erschien der Nachthimmel uneben, stellenweise näher, dann glättete er sich wieder wie ein Tischtuch, das erst zusammengeschoben und dann wieder straff gezogen wird. Ich wachte auf und sah wie tief liegende Wolken waghalsig auf Baumkronen balancierten. Manchmal war der Wind so sanft, als käme er aus dem Nasenloch eines Babys, während er zu anderen Zeiten so heftig war, dass all die Bäume nicht weniger gründlich an der Erde befestigt zu sein schienen als mit doppelseitigem Klebeband.

Das Katastrophenversprechen erschien mir nicht mehr ganz so ehern, schon beinahe gebrochen, und ich wagte beinah wieder, optimistisch in unsere sich zaghaft regende Zukunft zu blicken.

Während eines langen Spaziergangs überkam mich die Idee wie ein Erdrutsch: Der erstaunlichste Unterschied zwischen Dad und mir bestand darin, dass ich Gradlinigkeit mochte, er hingegen Komplexität. Ich will nicht sagen, dass ich oft oder überhaupt je Gradlinigkeit erreichte, nur, dass ich sie mochte, genau wie er es genoss, alles zu verkomplizieren, so gut er nur konnte, bis größtmögliche Unklarheit herrschte.



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