Vaterland by Robert Harris
Autor:Robert Harris [Harris, Robert]
Format: epub
veröffentlicht: 2011-11-20T04:20:17+00:00
SECHS
Auf den Rollbahnen des Hermann-Göring-Flughafens standen aufgereiht Maschinen der jüngsten Generation von Passagierjets und schimmerten durch den Treibstoffdunst: die blauen und weißen Boeings der PanAmerican, die rot-weiß-schwarzen mit Hakenkreuzen übersäten Junkers der L.ufthansa.
Berlin hat zwei Flughäfen. Das alte Tempelhofer Flugfeld nahe der Stadtmitte dient den inländischen Kunstreckenflügen. Der internationale Fernverkehr wird über Hermann-Göring in den nord-westlichen Vororten abgewickelt. Die neuen Ankunfts- und Abflughallen sind lange, niedrige Gebäude aus Marmor und Glas, entworfen - natürlich - von Albert Speer. Vor der Ankunftshalle steht eine Statue von Hanna Reitsch, Deutschlands führender Fliegerin, geschaffen aus zusammengeschmolzenen Spitfires und Lancasters. Sie sucht den Himmel nach Eindringlingen ab. Eine Tafel hinter Ihr besagt WILLKOMMEN IN BERLIN, DER HAUPTSTADT DES GROSSDEUTSCHEN REICHES, In fünf Sprachen.
März bezahlte den Taxifahrer, gab ihm ein Trinkgeld und ging die Rampe hinauf zu den automatischen Türen. Die Luft war hier kühl und künstlich: durchsetzt mit Flugzeugtreibstoff und zerrissen vom Kreischen gedrosselter Motoren. Dann öffneten sich die Türen und zischten hinter ihm wieder zu, und plötzlich stand er in der schallisolierten Blase der Abflughalle.
»Lufthansaflug 401 nach New York. Die Passagiere werden gebeten, sich zum Ausgang 8 zu begeben. . . Letzter Aufruf für Lufthansaflug 014 nach Theoderichshafen. Die Passagiere...»
März ging zunächst zum Lufthansaschalter, um seine Flugkarte abzuholen, dann zum Abfertigungsschalter, wo eine Blonde mit »Gina« auf der linken Brust und einem Hakenkreuzabzeichen am Aufschlag sorgfältig seinen Paß kontrollierte. »Möchte der Herr Sturmbannführer irgendwelches Gepäck aufgeben?« »Nein, vielen Dank. Ich habe nur das da.« Er klopfte auf seinen kleinen Koffer. Sie gab ihm seinen Paß mit der eingelegten Bordkarte zurück. Diese Tat begleitete ein Lächeln so strahlend und freudlos wie Neonlicht. »Einsteigen in dreißig Minuten. Einen guten Flug, Herr Sturmbannführer.« »Danke, Gina.« »Bitte, »Danke.«
Sie verneigten sich voreinander wie zwei japanische Geschäftsleute. Luftreisen waren für März eine neue Welt, ein fremdes Land mit eigenen undurchdringlichen Ritualen.
Er folgte den Hinweisschildern zu den Waschräumen, wählte die den Waschbecken fernste Kabine, verschloß die Tür, öffnete den Koffer und nahm die lederne Reisetasche heraus. Dann setzte er sich nieder und zerrte sich die Stiefel aus. Weißes Licht glänzte auf Chrom und Fliesen.
Nachdem er sich bis auf die Unterhose ausgezogen hatte, packte er Stiefel und Uniform in die Reisetasche, stopfte seine Luger mitten hinein, zog den Reißverschluß zu und schloß sie ab. Fünf Minuten später tauchte er verwandelt aus der Kabine auf.
Ein hellgrauer Anzug, ein weißes Hemd, eine blaßblaue Krawatte und weiche braune Schuhe hatten aus dem arischen Obermenschen wieder einen normalen Bürger gemacht. Er konnte die Verwandlung sich in den Augen der Menschen spiegeln sehen. Keine furchtsamen Blicke mehr. Der Bedienstete der Gepäckaufbewahrung, in der er seine Reisetasche abgab, blickte griesgrämig drein. Er gab März den Aufbewahrungsschein.
»Verlieren Sie den nicht. Und wenn Sie's tun, brauchen Sie gar nicht erst wiederzukommen.« Er wies mit dem Kopf auf das Schild hinter ihm: »Achtung! Gegenstände werden nur auf Vorlage des Aufbewahrungsscheins ausgehändigt!«
März lungerte im Bereich der Paßkontrolle herum und sah sich die Sicherheitsmaßnahmen an. Hürde eins: Kontrolle der Bordkarten, die man ohne gültiges Visum nicht bekam. Hürde zwei: erneute Kontrolle der Visa selbst.
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