Unverstanden by Karin Slaughter

Unverstanden by Karin Slaughter

Autor:Karin Slaughter
Die sprache: de
Format: mobi, azw3, epub
Herausgeber: PeP eBooks
veröffentlicht: 2012-01-17T08:28:43+00:00


Was Martin an diesem Abend wirklich getan hat oder Aller Glitter ist nur Blendwerk

Martin sagte oft, dass er mit Rassismus wirklich rein gar nichts am Hut habe. Er unterstützte sogar Barack Obama, zumindest erzählte er das den Leuten (Martins Leben war von starken Frauen bestimmt, er war kein Freund von Veränderungen). Seine engste Mitarbeiterin war schwarz. Hin und wieder hörte er sich Rap-Musik an, und er mochte den Witz des Komikers Chris Rock. Er war, kurz gesagt, ein Mann, der normalerweise nicht schwarz und weiß sah. Wenn er einen Menschen anschaute, dann sah er eine Person, keine Hautfarbe.

Trotz seines diesbezüglich sicher erstklassigen Leumunds konnte Martin nicht umhin zu bemerken, dass er der einzige Weiße in der Gemeinschaftszelle des Gefängnisses von Atlanta war. Und auch bei seinen Mitgefangenen war der Hautfarbenunterschied nicht unbemerkt geblieben. Als Martin in die Zelle kam, hatte jemand sein kurzärmeliges Anzughemd und die Ansteckkrawatte gesehen und gesagt: »Schaut her, ein Republikaner.«

Er konnte einfach nicht glauben, dass sie ihn bei einer so dünnen Beweislage überhaupt festhielten. Okay, sein Blut war mit Sandys … Zeug vermischt, aber das hatte nichts zu bedeuten. Oder vielleicht doch? Man musste nur einen guten Patricia-Cornwell-Thriller lesen, um zu wissen, dass Blut keinen Uhrzeit- und Datumsstempel trug. Wissenschaftlich war nicht zu beweisen, dass Martin die Stoßstange erst nach dem Vorfall berührt hatte. Was für ein Schlamassel!

Martin hielt die Luft an, als der Gestank frischer Fäkalien in seine Richtung wehte. Es gab zwei Toiletten, beide für alle Insassen deutlich sichtbar. Ein kräftiger, kahlköpfiger Mann saß Zeitung lesend auf der Schüssel und verrichtete sein Geschäft, als wäre es das Normalste auf der Welt. Martin hatte sich damit abfinden müssen, fast sein ganzes Erwachsenenleben in der Nähe von Toiletten zu verbringen, und er hatte sich, als er in die Zelle kam, gleich in die hinterste Ecke verdrückt, aber der Gestank schien von den Wänden abzuprallen und ihn einzuhüllen. Jetzt saß Martin mit an die Brust gezogenen Knien auf dem Boden und konnte an nichts anderes denken als daran, dass das System einen genau durch so etwas zum Tier machte. Wie lange würde es dauern, bis die Natur siegte und er sich vor den Augen völlig Fremder erleichtern musste? Wie lange, bis er seine Würde völlig verloren hatte und auf den Boden spuckte und sich kratzte wie die anderen Wachteln. Oder waren es Fische? Martin hatte den Slang noch nicht so recht drauf.

Ach, wenn nur dieser eine Anruf, der ihm zustand, an seinen Vater gegangen wäre und nicht an seine nutzlose Mutter. Sie hatte nicht einmal abgehoben. Der Anrufbeantworter war angesprungen, und Evies ungehobelte Stimme hatte ihn aufgefordert, eine Nachricht zu hinterlassen. Er wusste, dass sie zu Hause war - wegen ihres grauen Stars konnte sie nicht selber Auto fahren - so wie er wusste, dass ihr durchaus klar war, dass er im Gefängnis saß - nein, verrottete!

Sein Vater hätte seinen einzigen Sohn nicht unter diesen Monstern gelassen. Sein Vater hätte - o Mann, wem wollte er etwas vormachen? Marty Reed war im Leben ebenso nutzlos gewesen wie er es im Tod war.



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