Unter irdischem Siegel by Natalie Luca

Autor:Natalie Luca [Luca, Natalie]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
ISBN: 9783646600513
Google: ouNwAwAAQBAJ
Herausgeber: Impress
veröffentlicht: 2014-05-07T22:00:00+00:00

EIN FLAMMENDER AUFTRITT

Am nächsten Morgen erwachte ich mit dem schönsten Blick über die Stadt, den ich mir wünschen konnte. Es war ein klarer Novembermorgen, die Sonne ging glühend über den grauen Häuserdächern auf und tauchte mein Schlafzimmer in warmes Orange.

Mein neues Bett war herrlich gemütlich. Ich streckte mich und gähnte. Die erste Nacht in Nathaniels Wohnung. In unserer Wohnung. In meinem Bauch kribbelte es. Ich setzte mich auf, blickte auf die Verbindungstür zu Nathaniels Schlafzimmer und fragte mich, ob er meine Gedanken hören konnte. Nachdem er ein Erdengänger geworden war, gab es da so etwas wie eine eingeschränkte Empfangsreichweite?

Ich hörte ihn lachen. Im nächsten Moment klopfte es an der Verbindungstür und er trat ein.

»Nebenan höre ich dich laut und deutlich«, sagte er gut gelaunt und setzte sich zu mir aufs Bett. Er sah wieder einmal umwerfend aus in seinem dunkelblauen Hemd und den perfekt geschnittenen Jeans. »Danke.«

Ich verdrehte die Augen. »Vielleicht wäre eine eingeschränkte Reichweite, was manche Gedanken betrifft, gar nicht so schlecht.«

Er grinste. »Gut geschlafen?«

»Viel zu gut. Und selbst?«

»Jedenfalls habe ich geschlafen, im Gegensatz zur Nacht davor, als ich dir die höllischen Biester vom Leib gehalten habe.«

»Oh«, murmelte ich zerknirscht. »Tut mir leid. Ich habe ganz vergessen, dass du ja jetzt auch Schlaf brauchst.«

»Noch ein guter Grund dafür, dass du hier einziehst. Ich schlafe definitiv besser, wenn ich nicht ständig darauf achten muss, dass dich kein Höllenwesen angreift!«

Ich lächelte und berührte den goldenen Ring, den ich seit gestern trug.

»Wir sollten Ramiel Bescheid sagen.«

Nathaniel nickte. »Sophie und Marcellus haben uns zum Frühstück eingeladen. Wäre doch eine gute Gelegenheit.«

»Gib mir zwei Minuten.«

Ich zog mir schnell etwas an und traf Nathaniel im Wohnzimmer.

»Bereit?«, fragte er.

Ich wusste nicht, ob ich es war. Warum war ich plötzlich so nervös? »Okay. Ramiel …«

Der vertraute, bronzene Schimmer erschien vor uns, ehe ich seinen Namen fertig ausgesprochen hatte. Ramiels dunkle Augen wanderten über Nathaniels Erdengängergestalt, hinunter zu unseren verschlungenen Händen und dem goldenen Ring, der an meinem Finger glitzerte. Seine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln.

»Darf ich gratulieren?«

Ich nickte, mit einem breiten Lächeln und knallroten Wangen. Im nächsten Moment hatte Ramiel mich hochgehoben und wirbelte mich im Kreis.

»Die Erzengel haben zugestimmt?«, fragte er Nathaniel über meine Schulter, als er mich wieder absetzte. »Wie hast du das geschafft?«

»Dein alter Freund Marcellus war sehr überzeugend«, sagte Nathaniel. »Begleite uns doch und frag ihn selbst.«

Kurz darauf saßen wir in Sophies Wintergarten an einem gedeckten Frühstückstisch, der keine Wünsche offen ließ.

Nathaniel griff lachend nach einem Stück Kuchen.

»Wer soll das alles essen, Sophie?«

»Es kommt nicht jeden Tag vor, dass unser Sohn sich verlobt«, sagte Sophie. Sie und Marcellus hatten mich herzlich umarmt und darauf bestanden, dass ich sie ab sofort duzte.

Marcellus hob sein Glas. »Auf Victoria und Nathaniel! Herzlich willkommen in unserer Familie, Victoria!«

Ich nickte. »Wie ich hörte, warst du nicht ganz unbeteiligt daran, die Erzengel zu überzeugen. Ich möchte dir dafür danken.« Ich bemühte mich, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich trotz der Freundlichkeit, Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft, mit der er uns begegnete, ein wenig misstrauisch ihm gegenüber geworden war. Mir ging nicht aus dem Kopf, wie viel er schon längst über Nathaniel und mich gewusst hatte.

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