Unter glutroter Sonne: Calhoun by Diana Palmer

Autor:Diana Palmer [Palmer, Diana]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: MIRA Taschenbuch
veröffentlicht: 2015-05-30T16:00:00+00:00

6. KAPITEL

Abby stöhnte auf, kaum dass das Licht des anbrechenden Tages ihre Augen traf. In ihrem Kopf hämmerte es, und ihr Magen rebellierte gefährlich.

Sie rappelte sich auf die Beine und schleppte sich ins Bad, wo sie ihr Gesicht mit kaltem Wasser bespritzte und einen nassen Waschlappen gegen ihre Lider drückte. Sie erinnerte sich daran, mit Justin im Studio Whisky getrunken zu haben. Dann hatte Cal sie ins Bett gebracht und …

Ihr Kopf schoss hoch. Im Spiegel zeigten ihre Augen einen wilden Ausdruck, und ihre Blässe hatte einer tiefen Röte Platz gemacht. Sie hatte sich Cals Blicken ausgesetzt. Schlimmer noch, sie hatte sich von ihm berühren lassen. Abby schluckte. Nun, wenigstens wusste sie noch, dass er von ihr abgelassen hatte, bevor sie eingeschlafen war. Es war also nichts Unaussprechliches passiert. Gott sei Dank! Als sich dann in der Erinnerung weitere Einzelheiten, inklusive ihres eigenen Engagements, einstellten, stöhnte sie unwillkürlich auf.

Nie würde sie Cal wieder ins Gesicht blicken können, wenn es die süße Erinnerung an das Erlebte auch wert war, in einem Winkel ihres Gehirns aufbewahrt zu werden, zum Trost für das Alter. Cal würde ja doch nie zur Ruhe kommen oder sich in sie verlieben, sondern in alle Ewigkeit seinen Blondinen nachrennen. Doch jetzt besaß sie etwas, das ihr niemand mehr nehmen konnte, ein winziges Bröckchen Liebe, von dem sie zehren konnte.

Nun verstand sie auch, was an jenem Morgen geschehen war. Cal war nicht absichtlich roh zu ihr gewesen. Er hatte sie begehrt. Es erfüllte sie mit seltsamem Stolz, dass sie ihn so aus der Bahn geworfen haben sollte. Sie war sich fast sicher, dass ihm das vorher noch nie bei einer Frau passiert war. Im Rückblick meinte sie, dass sie ihm schrecklich naiv vorgekommen sein musste, so, wie sie auf seinen intimen Kuss reagiert hatte. Aber damals hatte ihr seine Handlungsweise lediglich einen furchtbaren Schrecken eingejagt. Bei all ihrer Schwärmerei für Cal hatte ihr einfach das Wissen um die Realitäten des Liebeserlebnisses gefehlt. Nun, da sie darüber Bescheid wusste, wirkte es wie eine Droge. Sie wollte mehr davon – aber konnte sie das Risiko eingehen, Cal jemals wieder an sich heranzulassen?

Ein Schluchzen schüttelte ihren schlanken Körper. Nun, sie musste sich zusammenreißen, musste an ihren Stolz denken. Sie hielt sich den hämmernden Kopf. Vor allem durfte sie niemals mehr einen Tropfen Whisky von Justin annehmen! Oder von sonst jemandem. Der Vorwand, die Sorgen ertränken zu wollen, hatte keinerlei Berechtigung. Sie hatte es versucht, und statt Vergessen hatte es ihr nichts als einen Kater eingebracht!

Abby schlüpfte in einen grauen Hosenanzug mit blauer Bluse, ließ ihr Haar offen auf die Schulter fallen – sie fühlte sich heute Morgen nicht in der Lage, es aufzustecken – und setzte eine Sonnenbrille auf. Damit tastete sie sich die Treppe hinab und betrat das Esszimmer.

Justin saß am Frühstückstisch und stützte den Kopf in die Hände. Er trug Jeans und ein blau kariertes Hemd. Als er aufblickte, sah Abby, dass er noch weit mitgenommener war als sie selbst.

“Gute Idee”, stellte er mit einem Blick auf Abbys dunkle Gläser fest.

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