Und dann, eines Tages by Alison Mercer

Und dann, eines Tages by Alison Mercer

Autor:Alison Mercer [Mercer, Alison]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Diana, 2014
veröffentlicht: 2014-12-16T05:00:00+00:00


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Wieso erst jetzt?

So weit, so gut. Das Vorstellungsgespräch war zufriedenstellend verlaufen – besser als ich zu hoffen gewagt hätte. Shauna Peters, die gepflegte brünette Leiterin des National Centre for Access to the Internet, hatte mir hauptsächlich Fragen zu meiner kurzen Laufbahn als Lehrerin und als Mitarbeiterin in einem Lehrbuchverlag gestellt und die verschiedenen Zeitarbeitsstellen, die ich seitdem innegehabt hatte, nur am Rande gestreift. Sie hatte auf meine Antworten hin genickt, hatte sogar ein oder zweimal gelächelt, und wirkte klug und freundlich. Ich fand sie sympathisch, auch wenn sich erst noch zeigen musste, ob dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhte, und ob es mir einen Job einbringen würde.

Ich war schon fast eine Stunde bei ihr, und wir waren mittlerweile an dem Punkt des Vorstellungsgespräches angelangt, an dem ich aufgefordert werden würde, eigene Fragen zu stellen. Jeden Moment würde es vorbei sein. Ich würde nach Hause fahren und versuchen zu vergessen, dass ich auf den Bescheid wartete, ob ich Shaunas Assistentin werden würde oder nicht. Was sich schwierig gestalten dürfte, denn im Laufe des Vorstellungsgespräches war ich zu dem Schluss gekommen, dass ich die Stelle unbedingt haben wollte. Die Bezahlung war gut, die Arbeit klang interessant, und die Büros hatten mich ebenfalls angenehm überrascht. Ich hatte damit gerechnet, dass sie weiß und glänzend, minimalistisch und voller Hightech wären, wie das Innere eines Raumschiffes, doch das Gebäude, in dem wir uns befanden, war in den 1930er Jahren einmal ein schicker Wohnblock gewesen, und das Art-Déco-Design der Lobby – ganz Holz, Messing und altrosa Teppiche – hatte sich oben fortgezogen. Es wirkte nobel und beruhigend, wie der Szenenaufbau einer alten Hollywoodromanze mit einer aufgekratzten Heldin und einem garantierten Happy End.

Wir befanden uns in Shaunas Büro mit Blick auf die Straße. Der Bahnhof King’s Cross war nicht weit entfernt, und unten herrschte reger Verkehr, auch wenn der Lärm nur gedämpft zu uns drang. Es beruhigte mich, dass Shauna, obwohl Expertin in neuer Technologie, sich immer noch konventioneller Methoden bediente, um Dinge herauszufinden und sie sich einzuprägen: Hinter ihrem Schreibtisch befand sich ein Regal mit Nachschlagewerken, und an der Wand daneben ein Whiteboard, das mit Kritzeleien bedeckt war. Die meisten Notizen konnte ich nicht lesen, doch bei einer, der größten, handelte es sich um eine Ermahnung: »Veränderung Muss Mann Wollen.«

Der einzige Haken an der ganzen Sache war Connor Dandry, der blasse rothaarige Mann, der Shaunas Kommunikationsmanager war. Er leitete viele Bereiche, zu denen ich einen Beitrag leisten würde, falls ich die Stelle bekäme: den E-Mail-Newsletter, die Website, die beratenden Besuche in Organisationen und Vereinen, das Kampagnenmaterial, das darauf abzielte, ältere Menschen und andere, die – oft aus finanziellen Gründen – nicht online waren, davon zu überzeugen, dass es sich lohnen würde, Bürger der schönen neuen digitalen Welt zu werden.

Er saß mir direkt gegenüber an dem Sitzungstisch neben Shaunas Schreibtisch. Doch er hatte im Laufe des Vorstellungsgespräches so gut wie nichts gesagt, hatte beinahe reglos dagesessen. Er hatte aufmerksam und mit ausdrucksloser Miene zugehört, die Ellbogen auf dem Tisch und das Kinn auf den aneinandergelegten Fingerspitzen abgestützt, grüblerisch, als wäre er ins Gebet vertieft.



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