Um die Wurst (German Edition) by Moritz Michael

Um die Wurst (German Edition) by Moritz Michael

Autor:Moritz, Michael [Moritz, Michael]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863582289
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 2013-06-24T22:00:00+00:00


ACHT

Stark hatte die Schiebetür des Ateliers geöffnet. Die ersten Strahlen der Frühlingssonne fielen herein. Nackt stand sie auf dem kalten Steinboden, bis ihre Füße einen kleinen Perserteppich fanden, der vor dem Barocksofa lag, auf dem sich ihre und Killians Kleider vermischt hatten.

Sie suchte sich ihre Kleidungsstücke heraus und zog sie an. Langsam. Bewusst ohne Hast. Sie wusste, dass es vorbei war, wenn sie angezogen war. Es gab nie ein zweites Mal. Seit Schewtschenkos Tod ertrug sie einen Mann nur für eine Nacht. Alles, was darüberging, geriet in den Verdacht einer Beziehung. Und das wäre Verrat. Verrat an Schewtschenko, dem sie schon einmal in den Rücken gefallen war. Sie hasste sich noch immer dafür. Sie konnte es nicht ausradieren. So viele Argumente sie auch dagegen wusste, sie war eine Verräterin, hatte dem Menschen, der sie bedingungslos geliebt hatte, den Judaskuss verpasst.

Sie streifte sich ihre Lederjacke über und ging die wenigen Schritte bis zu der Schlafstatt, in der sie mit Killian getobt hatte. So, wie er dalag, war die Nacht bestimmt gut gewesen. Aber sie wusste nichts mehr davon. Sie hatte den Akt verdrängt. Ihr Rücken brannte. Er musste seine Nägel in sie hineingegraben haben. Es blieben also Spuren. Immerhin. Sie lächelte. Aber sobald sie es bemerkte, gefror es. Sie mochte keine Spuren auf ihrer Haut. Sie mochte keine Erinnerung an diese Nacht. Sie mochte auch nicht, dass Killian und ihre Wege sich noch einmal kreuzten. Das würde aber geschehen, weil er in den Fall verwickelt war. Es sei denn, er ließ davon ab. Sie würde einen Bericht schreiben und ihn zu den Akten legen.

Aber Killian war keiner, der einfach Ruhe gab. Vielleicht war es besser, ihn zu töten. Der Gedanke stand im Raum und wuchs sich aus. Wie ein Dämon füllte er ihr Hirn und forderte sie mit weit aufgerissenen Augen dazu auf, ihn in die Tat umzusetzen. Womit? Mit der Dienstwaffe? Die hatte sie zum Glück im Wagen gelassen. Hatte sie nicht irgendwo ein Messer gesehen? Dort, neben dem Bett. Auf dem Teller mit den Apfelschalen.

Sie sah auf Killians Hals. Offenbar hatte sie ihm einen fetten Knutschfleck neben den Kehlkopf gesetzt. Er zeigte ihr die Stelle, in die sie hineinstechen konnte. Dahinter verbarg sich die Halsschlagader. Es würde spritzen wie bei einer angestochenen Sau. Am besten ihr in die Augen, bis sie blind wäre von Blut und es für immer alles auslöschte, was sie jemals hatte sehen müssen und dürfen. Sie wusste nicht, was besser wäre zu vergessen: das Schöne oder das Hässliche. Egal. Jede Erinnerung sollte ausgelöscht werden. Nur so gäbe es einen Neuanfang.

Sie schritt auf den Teller mit dem Messer zu, beugte sich hinunter und wollte danach greifen, da packte sie ein Arm am Handgelenk und zog sie aufs Bett. Wenige Augenblicke später fühlte sie die vollen Lippen Killians auf ihrem Mund. Sie konnte nicht widerstehen, ihre Zunge gegen seine zu stemmen.

Während seine Hände unter ihrer Lederjacke ihre Brüste suchten, umklammerte sie entschlossen das Messer. Das Klingeln eines Handys unterbrach den Kuss. Killian zog seine Hand von ihrer Brust und griff nach dem Telefon.



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