Tristopolis by John Meaney

Tristopolis by John Meaney

Autor:John Meaney
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2010-11-26T23:00:00+00:00


Viktor drückte mit den Daumen zu, und der Scharfschütze stieß einen erstickten Schrei aus – mehr erlaubten seine gelähmten Stimmbänder nicht. In diesem Stadium wusste der Scharfschütze nicht einmal, auf welche Informationen Viktor aus war. Er sollte nur begreifen, dass Viktor bereit war, ihm Schmerzen zuzufügen.

Bereit und fähig.

„Eine kleine Frau.“ Viktors Stimme war tief und kehlig; sie sollte die Angst verstärken. „Mit grünen Augen. Hast du sie gesehen?“

„Nein …“ Der Scharfschütze konnte nur leise krächzen. „Hab ich nicht …“

Viktor drückte erneut fest zu, und der Rücken des Scharfschützen wölbte sich vom Boden hoch, aber seine Arme und Beine blieben hilflos liegen. Viktor hatte zuerst die Schultern und Hüften bearbeitet, und diese Gelenke mussten inzwischen vor Schmerzen brennen.

„Habt ihr eine Gefangene?“

„Ich … ja!“ Ein Finger zuckte: die einzige Abwehrgeste, zu der der Scharfschütze fähig war. „Da drüben … Freddy. Hat je …mand.“

Viktor schaute zum Fenster. „Auf dem Gelände? Freddy die Klaue ist da drin?“

Der Scharfschütze nickte mit aufgerissenen Augen.

„Mit einer Gefangenen?“ Viktors Kiefermuskeln arbeiteten. „Rede schon.“

„Hat sie … hergebracht. Heute Nacht.“

„Ihr Name. Wie …?“

Aber der Scharfschützte schüttelte bereits den Kopf. Wenn er gewusst hätte, wie sie hieß, hätte er es gesagt, davon war Viktor überzeugt.

„Welches Gebäude?“

„Block … drei.“

Viktor wusste nicht, welches Gebäude das war, aber er hatte nicht die Absicht, danach zu fragen. Um seine Dominanz zu bewahren, musste er den Eindruck erwecken, als wüsste er schon so gut wie alles.

„Was kannst du mir sonst noch sagen?“

Der Scharfschütze schüttelte den Kopf.

Viktor schaute auf ihn hinab. Als der Scharfschütze wieder zu sich gekommen war, hatten Furcht und Verwirrung die Verteidigungsmechanismen seines Bewusstseins durchbrochen, und geschlossene Fragen hatten Antworten erbracht … aber nun waren Viktor die Details ausgegangen, nach denen er fragen konnte.

„Nächstes Mal“, sagte Viktor, „suchst du dir deinen Arbeitgeber sorgfältiger aus.“

„Nein, du …“

Viktors Faust sauste herab.

Danach durchsuchte Viktor nur für den Fall, dass ihm bei der ersten Durchsuchung etwas entgangen war, sorgfältig die Taschen des Bewusstlosen und brachte schließlich einen kleinen ID-Streifen aus Messing zum Vorschein. Er trug das Drachenflügel-Logo von CalTransPort, der Dachgesellschaft der fast legalen Import-Export-Gruppe von Freddy der Klaue.

Angaben zur Person fehlten jedoch. Einen Moment lang erwog Viktor, dem Scharfschützen die gepanzerte Hexlar-Weste auszuziehen und sich mit dem Gewehr in der Hand für ihn auszugeben. Aber er konnte nicht wissen, ob die Wachposten unten den Scharfschützen vom Sehen oder sogar mit Namen kannten.

Vielleicht war Viktor aber auch seiner eigenen Lederjacke so liebevoll zugetan, dass er sie nicht in dieser verwanzten Bude lassen wollte.

Kopfschüttelnd hob er das Gewehr des bewusstlosen Scharfschützen auf, prüfte die Balance und warf das Magazin aus. Es enthielt einen Ladestreifen mit fünf langen, schlanken Patronen. Falls der Scharfschütze einen zusätzlichen Ladestreifen besaß, musste er ihn irgendwo versteckt haben; und er war jetzt nicht in der Lage, diese Information preiszugeben.

Viktor steckte den Ladestreifen in seine Jackentasche. Dann untersuchte er den Scharfschützen noch einmal – der Mann würde am Leben bleiben, vorausgesetzt, jemand fand ihn in den nächsten paar Stunden – und verließ den kahlen Raum. Auf dem Treppenabsatz und im Rest des verfallenen Gebäudes schien die Luft rein zu sein, und er ging die alten Stufen schnell, aber beinahe lautlos hinunter.



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