Tore, Tote, Tivoli by Kurt Lehmkuhl

Tore, Tote, Tivoli by Kurt Lehmkuhl

Autor:Kurt Lehmkuhl [Lehmkuhl, Kurt]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: Gmeiner-Verlag
veröffentlicht: 2014-04-18T22:00:00+00:00


Ein lautes Aufheulen und gewaltiges Zähneknirschen ging durch Aachen. Auf einmal hatten alle immer schon gewusst, dass die Alemannia über ihre Verhältnisse gelebt hatte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Blase platzte. Warum mussten auch immer neue und immer teurere Spieler von auswärts auf den Tivoli geholt werden? Wo waren die Martinellis, Breuers oder Montanes, die früher aus der näheren Umgebung zur Alemannia geholt worden waren? Hilfsaktionen zur Rettung ›unserer Alemannia‹ wurden groß angekündigt und nicht durchgeführt. Solidarität mit dem Verein wurde versprochen, hielt sich dann aber in rein ideellen Grenzen. In den Wochen vor dem Weihnachtsfest glaubte man halt etwas mehr an Wunder als sonst im Jahr, und so hielten es auch die Aachener, die daran glaubten, dass es noch ein Wunder für die Alemannia geben werde. Es würde schon werden, meinten alle und vertrauten zuversichtlich auf die anderen, die ebenso dachten.

Die Talente aus der Region waren, wie die Zeitung auf der Sportseite eindrucksvoll darstellte, und damit wurde es schmerzhaft immer deutlicher für die Kaiserstädter, nach Teveren abgewandert; womit meine Behauptung bestätigt wurde. Dort durften die Talente spielen und brachten Leistung. In Aachen hatten sie hinter den gut bezahlten Stars zurückstecken und teilweise vor ihren Wechseln in den Kreis Heinsberg auf der Ersatzbank schmoren müssen. Diese Erkenntnis wurde mehr als deutlich, als es zum spektakulären Treffen der Alemannen und der Germanen auf dem Tivoli kam.

Mit mehr als 10.000 Fans hatte Jahnen gerechnet. Es waren aber schließlich gerade einmal 6.000, die sich nicht von der Kälte und dem Dauerregen abhalten ließen. »Op der Pratsch«, so wie früher, als, in verklärter Erinnerung, die Alemannen im Schlamm auf dem Tivoli Bestleistungen boten, das war einmal, das gab es nicht mehr im Fußballgeschäft. Hier musste zwar auch der Ball rollen, vornehmlich aber der Rubel.

Deshalb wäre eine Spielabsage und eine Neuansetzung im Frühling ganz im Sinne der Platzbesitzer gewesen. Aber alle Versuche der Alemannia, das Spiel kurzfristig abzusagen oder das Stadion von der Stadt Aachen sperren zu lassen, waren fehlgeschlagen.

Zwar war das ganze Dorf gekommen, wie in Anspielung der AZ die mehrtausendköpfige Fanschar der Heidekicker bezeichnet wurde, doch scheuten offensichtlich die weltkundigen Großstädter vom Eifelrand den Kontakt mit den tollpatschigen Flachlandbewohnern und blieben dem Geschehen fern.

Den Gästen aus dem Norden der Region war’s aber einerlei. Die Jungs aus der Heide hatten ihren Spaß auf dem nassen Tivoli und zogen nach dem Abpfiff zwar aufgeweicht, aber dennoch zufrieden zurück in ihre sandige Heimat.

»Ihr habt doch durch eure Einkaufspolitik Teveren erst groß gemacht«, hielt ich meinem enttäuschten Chef nach dem Spiel einmal mehr vor, nachdem die Alemannen sang- und klanglos mit 0:7 von meinen Germanen unter die Dusche und in die Winterpause geschickt worden waren.

Das Einzige, das nach diesem Trauerspiel zuversichtlich stimmte, war der Gesang der verbliebenen Alemannen-Fans. Sie standen noch lange nach Spielschluss im Regen auf dem Würselener Wall und sangen unverdrossen das beliebte Lied von der Alemannia, die niemals untergehen würde.



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