Tore der Zeit: Roman (German Edition) by Nicolai Lea

Tore der Zeit: Roman (German Edition) by Nicolai Lea

Autor:Nicolai, Lea [Nicolai, Lea]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2013-11-10T23:00:00+00:00


Bündnisse

Der russische Magier grinste. Er kippelte auf dem Stuhl, die Füße in schlammigen Stiefeln auf dem Tisch, zwischen einer Pfanne mit Speck, Eiern und gebratenen Bohnen und einem Brett mit einem großen Brotlaib. Die dicke Wachskerze beleuchtete nur einen Ausschnitt des Raums, aber Ravenna konnte erkennen, dass Vadym wie ein Aristokrat gekleidet war.

Er trug ein Wams und einen kurzen Umhang, der ihm über die Schulter fiel, beides aus braunem Samt. Eine Pfauenfeder wippte an seinem Barett, eine Silberschnalle verzierte seinen Gürtel. Das kann doch wohl nicht wahr sein, schoss es ihr durch den Kopf. Dieser Kerl bringt es sogar noch im Mittelalter fertig, wie ein Dandy auszusehen.

»Vadym, bitte. Lass Lucian aufstehen. Er ist verletzt.« Die Worte kamen ihr ohne darüber nachzudenken über die Lippen. Gleichzeitig schielte sie auf die Uhr, die sie ängstlich umklammerte. Noch viereinhalb Minuten. Und die Zeit lief.

»Ravenna! Nun schau nicht so bestürzt. Gefällt dir unsere kleine Willkommensparty etwa nicht?«, lachte der russische Magier.

»Ich glaube, ich habe langsam genug von deinen Partys«, murmelte sie.

»Willst du denn gar nicht wissen, wie wir in diese grässliche Schmiede geraten sind?«, fragte Vadym. »Es ist ja nicht so, dass Vasily und ich das Tor in den Katakomben nicht gefunden chätten. Wir kamen lediglich ein paar Minuten später dort an als ihr.«

Unwillkürlich fiel Ravennas Blick auf seine Schulter. Der Faltenwurf des Mantels verbarg den fehlenden Arm, wurde ihr schlagartig klar.

»Hör zu, es tut mir leid«, stieß sie hervor. »Wirklich – ich wollte nicht, dass du in dieses Tor gerätst. Ich wusste nicht mal, wie gefährlich es war. Lucian hat noch versucht, dich zu warnen. Und jetzt lass ihn endlich aufstehen! Siehst du denn nicht, dass er völlig am Ende ist?«

Ihr Ritter fluchte lautlos und mit geschlossenen Augen. Wer auch immer ihn mit dem Schwert bedrohte – es war nicht Vadym. In der düsteren Stube lauerten ihnen noch mehr Männer auf, von denen sie nur Umrisse sah. Ziemlich viele Umrisse, stellte sie fest, und ihr Herz begann schneller zu klopfen. Da erschallten vor der Eingangstür plötzlich Stimmen und lautes Poltern. Das Kamerateam hatte die Pferde untergestellt und strebte nun mit dem Gepäck ins Warme.

»Stopp!«, schrie Ravenna. Sie wollte nicht riskieren, dass irgendjemand irgendetwas Unüberlegtes tat – nicht, solange ein Unbekannter eine blanke Schwertschneide unter Lucians Kinn presste. »Niemand bewegt sich! Claude, Thierry, warten Sie noch einen Augenblick! Und zwar draußen.«

Die Geräusche verstummten. Sie hatte das Gefühl, die Enttäuschung der beiden Dokumentarfilmer durch die Tür zu spüren.

»Claude und Thierry.« Vadym lachte leise und schüttelte den Kopf. Dann nahmen seine Messingaugen einen unerwartet sanften Ausdruck an. »Ich weiß, dass du nichts für den Unfall mit dem Tor kannst. Mir war klar, dass Beliar Unbefugten den Zugang zu den Portalen verwehrt. Aber ich dachte, er behandelt mich wie einen seiner Kandidaten. Schließlich spiele ich sein verfluchtes Spiel schon viel länger mit als du.«

»Das tut er«, murmelte Ravenna. »Und ob er das tut. Und es könnte noch viel schlimmer kommen, Vadym.«

Der Russe zuckte mit den Achseln. Dann blickte er Lucian an. »Obwohl es mir nicht passt, muss ich zugeben, dass mir dein Freund in den Katakomben das Leben rettete.



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