Toedlich entfesselt by Simone Olmesdahl

Toedlich entfesselt by Simone Olmesdahl

Autor:Simone Olmesdahl [Olmesdahl, Simone]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Paranormal
Goodreads: 20553498
Herausgeber: bookshouse Verlag
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


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Er war ein Stein. Die Wand, die sich in ihm gebildet hatte, ließ keinen Luftzug hindurch. Egal, wie sehr er sich anstrengte, etwas zu fühlen, war da nur lähmendes Gift, auf das er stieß.

Regentropfen trafen Sebastians Gesicht. Womöglich hatte der Himmel beschlossen, ein paar Tränen um sein Opfer zu vergießen, wenn er es schon nicht tat. Warum sonst sollte ausgerechnet an diesem Morgen der Winter den Rückzug antreten?

Sebastian zog den Kopf ein. Er hatte keine Jacke dabei, aber Magier froren nicht sehr schnell, solange sie sich bewegten. Seine großen Schritte hielten ihn warm. Es dämmerte, die Uhr musste auf sieben zusteuern. Sebastian hatte es zum Meer gezogen. Er verband Wasser mit Wärme und Sonne, doch an diesem Gewässer herrschte Kälte.

Ringelgänse watschelten am Ufer entlang. Hin und wieder steckten sie die braunen Köpfe in den aufweichenden Schnee, um nach Samen und Schnecken zu picken. Es waren gesellschaftliche Tiere. Sie flogen in großen Schwärmen vor dem Winter von Grönland auf die Halligen, um dort die nächsten Monate zu leben. Sie brüteten gemeinsam, gingen zusammen auf Futtersuche, schwammen in Kolonien. Der Gänserich blieb in der Nähe seiner Brut und passte auf wie ein Luchs, sobald seine Gans das Nest mit Eiern bestückt hatte. Ob sie Zuneigung empfanden? Oder gingen sie mit der Gemeinschaft eine Symbiose ein?

Magier taten das. Er hatte lang darauf gebaut, dass seine Art mehr fühlte, als sie zugab. Inzwischen kam er sich wie ein Dummkopf vor. Sie hatten eine menschliche Seite, die durchaus warme Gefühle zuließ, doch die Dunkelheit in ihren Venen verschluckte jede Emotion, sobald sie sich losriss. Deshalb suchten sie aus einem Grund nach der Gesellschaft ihresgleichen: Macht. Möglicherweise hatten auch Ringelgänse diesen Vorteil begriffen.

Sebastian kehrte den Vögeln den Rücken zu. Das Rauschen des Wassers verbündete sich mit dem Wind und gab frischen Antrieb. Es ergab keinen Sinn, dass er sich mit einem Menschenmädchen eingelassen hatte. Menschen besaßen keine Macht. Kira hatte ihm die Augen geöffnet. Seine humane Seite hatte das Herz an Anna verloren, aber es war genau dieser Part von ihm, der ihm klarmachte, lieber auf Abstand zu gehen. Das Menschlichste, das er tun konnte, war sich fern von ihr zu halten. Die Dunkelheit stimmte ihm zu, wenn auch aus anderen Beweggründen.

Er durchforschte das Grün und erreichte die geteerte Straße, die an diesem Punkt eine Biegung machte.

»Sebastian Fingerless?«

Er hob den Blick. Hinter dem Regenschleier tauchte ein knallroter Schirm auf, der mit der Haarfarbe der rundlichen Frau harmonierte.

Ihr Anblick durchbrach die Wand, die er innerlich aufgestellt hatte. Zärtlich drang das Bild in seinen Verstand. Mit diesem Durchbruch kam die Hoffnung. Die Steine um sein Herz zerbröckelten, als bestünden sie aus Styropor. Er hatte sie nur ein einziges Mal gesehen und doch war sie das Schönste, das er seit Langem zu Gesicht bekommen hatte. »Heather«, flüsterte er.

Jenny war ganz in der Nähe.



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