Todeszeit 2 by Kernick Simon

Autor:Kernick, Simon [Kernick, Simon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-02-15T16:00:00+00:00

7

Als Scope zügig die stille Seitenstraße entlangging, brach hinter ihm gerade die Morgendämmerung an. Er trug eine Sonnenbrille und eine Wollmütze, und Bräunungscreme verlieh ihm ein mediterranes Aussehen. Es war keine sehr ausgefeilte Verkleidung, aber für das, was er vorhatte, würde sie genügen.

Frank Bales Haus gehörte zu einer Reihe von fünf neu erbauten Stadthäusern, die zurückgesetzt von der Straße hinter einer mit schmiedeeisernen Stoppern und elektrischen Toren bewehrten Mauer lagen. Die Autos der Bewohner parkten dahinter in kleinen Buchten, direkt vor ihren jeweiligen Anwesen. Bales Jaguar stand vor dem mittleren mit der Nummer 25C.

Ein dick gegen die Kälte eingemummter Mann auf dem Weg zur Arbeit kam Scope mit schnellen Schritten entgegen, deshalb ging er zunächst mit gesenktem Kopf weiter, bis der Mann sich ein gutes Stück von ihm entfernt hatte. Dann wandte er sich um, sprang auf die Mauer und benutzte die eisernen Zaunstangen, um sich hochzuziehen. Vorsichtig überwand er das spitze Hindernis und ließ sich auf der anderen Seite hinabgleiten. Er duckte sich neben dem Jaguar und brachte den GPS-Sender am Unterboden an. Nun konnte Bale nirgends mehr hin, ohne dass Scope davon erfuhr. In vier Häusern, darunter auch in dem von Bale, brannte bereits Licht, und Scope wusste, dass er auf dem Präsentierteller saß. Dies würde nicht einfach werden. Bale hatte zwar keine Kinder, aber eine Frau, und Scope wollte sie nicht mit hineinziehen.

Er sah sich kurz um, ging zur Haustür und checkte das Schloss – ein brandneues, mit Magnetkarte funktionierendes System, schwierig zu knacken, wenn man kein Experte war, und Scope war keiner. Die Tür selbst bestand aus massivem PVC und war zu solide, um sie mit schierer Körperkraft zu überwinden, zudem blinkte einen Meter über seinem Kopf ein Alarm.

Durch die Eingangstür würde er nicht hineinkommen, zumal er im Parkbereich auch keine Deckung gehabt hätte. Der einzige Weg würde von hinten hineinführen, doch da es keine direkte Verbindung gab, musste Scope wieder zurück über die Mauer, checken, ob die Straße leer war, und ihr dann bis an die Rückseite der Häuserzeile folgen. Diese Stadthäuser waren für Leute gebaut worden, die Sicherheit forderten, und Frank Bale hatte mehr zu fürchten als die meisten seiner Zeitgenossen.

Scope schaute auf die Uhr. Eine wässrige Sonne stieg über dem grauen, von niedrigen Stadthäusern gesäumten Horizont auf. Bis zum Beginn der Ausschusssitzung, bei der Tim Horton den Vorsitz haben würde, waren es nur noch wenige Stunden.

Trotzdem blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten.

❊ ❊ ❊

Tim Horton starrte auf die gepolsterte Weste in seinen Händen. Sie war von einfachem Zuschnitt, aus Baumwolle, ließ sich an den Schultern festzurren und hatte zwei große verschließbare Taschen an der Vorderseite. Die untere Tasche enthielt etwas Hartes, eine Art Quader, der etwa zehn mal fünfzehn Zentimeter maß und zweieinhalb Zentimeter dick war. Die andere Tasche schien leer zu sein.

Er legte die Weste aufs Bett, riss den Klettverschluss der unteren Tasche auf. Und verkrampfte sichtlich, als er sah, was sie enthielt.

»Das ist eine Bombe«, sagte er tonlos und presste das Handy an sein Ohr.

»Sehr gut, Mr. Horton. Der Kandidat kriegt zehn Punkte.

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