Todestrieb. Thriller by Nora Schwarz

Todestrieb. Thriller by Nora Schwarz

Autor:Nora Schwarz [Schwarz, Nora]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller, Spannung, Mord, Verbrechen, Domina, Gewalt
ISBN: 978-3-95520-500-3
Herausgeber: dotbooks
veröffentlicht: 2013-11-30T16:00:00+00:00


***

»Das ist mein Tagebuch.«

»Wieso zeigst du’s mir, verdammt? Wozu hast du denn ein Tagebuch, wenn du’s nicht geheim hältst.«

»Schau mal, was mein Vater gemacht hat. Wenn er das kann, kann ich es dir auch zeigen. Du sollst alles von mir wissen.«

»Ist ganz schön klein geschrieben. Wer soll denn das entziffern können?«

»Er konnte es. Schau mal, er schreibt sogar noch kleiner als ich.«

»Krankes Arschloch.«

»Sag so was nicht. Er ist mein Vater.«

»Krankes Arschloch, ich bleib dabei. Wer so was macht, ist böse. Verstehst du? Richtig böse.«

»Ich dachte, das fasziniert dich.« Jetzt lächelt sie herausfordernd, und er zieht sie an sich.

»Dann bist du also die Tochter von einem kranken, bösen Arschloch. Ich bin mir nicht sicher, ob mir das gefällt.«

»Nein? Deine Fotos sagen was anderes.«

Er schmunzelt. »Du hast Recht. Mir gefällt, was du verkörperst. Du kleine, schwache, kranke Frau.«

»Ich bin aber nicht böse.«

»Ja. Das ist das Einzige, was ein bisschen schade ist.«

Jetzt bekommt er wieder diesen Ausdruck in den Augen, als würde hinter seiner Pupille ein Rollgitter nach unten sausen. Und sie fragt sich – nicht zum ersten Mal – was seine sehnsüchtige Betonung des Wörtchens »böse« bedeuten mag.

»Wir sind alle Produkte unserer Erziehung. Entweder befreien wir uns daraus, oder wir treiben die Scheiße sogar noch auf die Spitze«, sagt er.

»Willst du denn, dass ich mich davon befreie?«

»Du bist perfekt, so wie du bist.«

»Und du?«

Er zuckt die Schultern. »Willst du etwas über meine Kindheit wissen, Fräulein Freud?« Er macht ein gespielt abfälliges Gesicht. »Willst du wissen, warum ich so geworden bin?«

Sie nickt zaghaft.

»Ach, ich hasse diese Frage«, meint Sven und winkt erschöpft ab. »Immer dieses Schlammwühlen in der eigenen Kindheit. Als ob es keine anderen Prägungen gäbe … aber so ist es nun mal. Ich rede nur nicht so gerne darüber, weil es der verantwortlichen Person zu viel Aufmerksamkeit geben würde, im Nachhinein.«

»Deiner Mutter?«

»Meiner Schwester. Karen. Stellvertreterin von Mutter. Die hatte nämlich einen tollen Job und keine Zeit.«

»Hat sie sich um dich gekümmert?«

Er sieht sie jetzt nicht mehr an, sein Blick verliert sich irgendwo im Nichts. Sein Gesicht ist ausdruckslos, als könnte keine mimische Bewegung dem gerecht werden, was er erzählt.

»Die Karen war auch nicht zu beneiden. Es hat sie ja keiner gefragt, ob sie für mich Verantwortung übernehmen will. Aber sie musste.«

»Ja und? War das so schlimm für sie?«

»Sie hat alles dafür getan, damit meine Eltern ihr wieder frei geben von mir.«

Sie versteht nicht. Sie stellt sich ein trotziges junges Mädchen vor, das nörgelt, weil es, anstatt sich mit Freundinnen zu treffen, auf ihren kleinen Bruder achtgeben muss. Und warum verwandelt sich sein Gesicht in diese starre Maske, seit er erzählt?

»Zehn Jahre. Sie hat zehn Jahre meine Mutter ersetzt.«

Sein Mund wird schmal. »Sie wollte das nicht, was ich gut verstehe. Sie war in einem Alter, in dem man sich für Jungs interessiert, aber nicht für solche, die noch Windeln tragen und denen man Milchreis kochen muss.«

»Hat sie dich vernachlässigt?«

»Im Gegenteil. Ich hatte ihre ganze Aufmerksamkeit. Ihre sehr spezielle, ungeteilte Aufmerksamkeit, und die Eltern haben es trotzdem nicht gemerkt.«

Er schweigt eine Weile, und sieht sie dann an.



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