Todesrache in Ostfriesland by Enno Voss

Autor:Enno Voss [Voss, Enno]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Independently published
veröffentlicht: 2017-06-13T22:00:00+00:00

24

Wellbrocks gute Laune vom Wochenende endete abrupt, als Overlander an diesem Montagmorgen seinen Weg kreuzte.

»Neue Erkenntnisse, Herr Hauptkommissar?« Overlander blieb stehen und baute sich vor Wellbrock auf, als erwartete er einen Kniefall seines Untergebenen.

»Nee, wo soll ich die hernehmen? Bei mir im Garten wachsen Äpfel an den Bäumen und keine Informationen über ungeklärte Morde. Ich habe die Anwesenheit einer charmanten Frau genossen und bin nicht mit einem Knüppel über den grünen Rasen gehoppelt, so wie Sie.«

»Herr Wellbrock, ich weiß, dass Sie keine Ahnung vom Golfspielen haben, aber dass eine Dame Sie am Wochenende besucht hat, verwundert mich sehr. Ich denke, das war ein Versehen von Frau Dr. Tammena.«

»Wir haben uns prächtig amüsiert, Herr Overlander.«

»Übrigens, bevor ich es vergesse, Frau Dr. Tammena und ich werden höchstwahrscheinlich in sechs Wochen zu einem Golfturnier nach Miami fliegen. Hat Sie Ihnen das erzählt?« Overlander schaute verächtlich auf den sprachlosen Hauptkommissar.

»Katharina würde lieber alleine nach Wladiwostok fliegen als mit Ihnen nach Florida.«

Triumphierend verließ Overlander den Ort des Disputs. Eins zu null für mich, dachte er, als er sein Büro betrat. Er setzte sich zufrieden in seinen schwarzen Bürosessel, nahm den Hörer in die Hand und wählte die Nummer von Dr. Katharina Tammena.

Die ersten Informationen über den Toten vom Deich sorgten für Verwirrung. Das Opfer war mit derselben Waffe erschossen worden wie die beiden Anwälte zuvor. Nur war der Tote vom Deich Rentner, kein Jurist, kein Anwalt, sondern ein gelernter Koch, der die meiste Zeit seines Lebens auf hoher See verbracht hatte.

Sämtliche Theorien waren auf einmal hinfällig, sowohl die Vermutung, dass es sich um einen Racheakt von Bauern aus dem Kreis Aurich handeln könnte, als auch die Theorie, dass der Neffe vom Bauunternehmer Röben sein Erbe schützen wollte. Wellbrock und sein Team konnten wieder ganz von vorne anfangen.

»Soll ich mich um diesen Tobias kümmern?« Kranich schaute Wellbrock fragend an.

»Nein, hat keinen Sinn, der kommt als Täter nicht mehr infrage. Was macht ein Koch in diesem Spiel? Warum wurde dieser Rentner erschossen?« Wellbrock stand vor einem Rätsel. Hatten sie etwas übersehen? Er gab seinem Team die Order, noch einmal gründlich Leben, Vergangenheit und Alltag der Opfer zu durchleuchten. »Mittwochmorgen will ich alles wissen über diese drei Personen, sonst gibt es Überstunden bis Weihnachten.« Wellbrocks Ton war energisch. Newton und Kranich wussten, was das zu bedeuten hatte: Jetzt brannte die Luft.

Horst Reimers saß alleine im Wohnzimmer seines Hauses. Ein aufgeschlagenes Fotoalbum lag auf seinen Knien. Nur zwei Seiten hatte er umgeblättert. Immer wieder musste er sich Tränen aus dem Gesicht wischen. »Meine Martha«, schluchzte der alte Mann, während er mit zittriger Hand über die Fotos strich. Es dauerte lange, bevor er begriff, welches Geräusch an seine Ohren drang. Irgendjemand war an der Tür. Mühsam richtete er sich auf, legte das Album vorsichtig auf den Stubentisch und schlurfte zur Tür.

»Moin, Herr Reimers, mein herzlichstes Beileid zum Tode Ihrer Frau. Ich komme gerade vom Amtsgericht. Es gibt da ein kleines Problem, mir fehlt noch eine Unterschrift von Ihnen.« Ohne eine Aufforderung abzuwarten, betrat Bauunternehmer Röben den kleinen Flur, ging an dem alten Mann vorbei ins Wohnzimmer und setzte sich in einen der Sessel.

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