Tod in der Marsch by Hannes Nygaard

Tod in der Marsch by Hannes Nygaard

Autor:Hannes Nygaard [Nygaard, Hannes]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-01-31T00:00:00+00:00


Auf der sonst stets leeren Dorfstraße hatte sich in der Zwischenzeit eine zweite Gruppe von Menschen gebildet. Zwei Männer standen auf der gegenüberliegenden Straßenseite und gafften auf das Brehm’sche Haus. Sie waren schon älter. Der eine trug eine grüne Öljacke, während der zweite zu den Gummistiefeln und der derben Drillichhose einen dicken grauen Pullover, der unter einer nicht geschlossenen groben Weste hervorlugte, anhatte. Der Kopf war mit einer olivgrünen Schirmmütze bedeckt. Er stützte sich auf dem Lenker eines älteren Fahrrades ab. Während die drei Kriminalbeamten den kurzen Weg von der Haustür zu ihrem Fahrzeug zurücklegten, überquerte der Mann mit dem Fahrrad die Straße und näherte sich ihnen. Der zweite Mann folgte zögernd und in gebührendem Abstand.

»Sie sind von der Polizei, nicht wahr?« Der Mann mit dem Fahrrad hatte eine raue, kehlige Stimme, und seine Sprechweise war gedehnt und etwas langsam, so wie sie auf dem flachen Land in dieser Region üblich war.

Es bedurfte keiner Abstimmung unter den Beamten. Die Abfertigung von Neugierigen hatte Große Jäger unaufgefordert zu seiner Herzensangelegenheit erklärt.

»Wen interessiert es, ob wir die Glücksboten von der Lottogesellschaft sind oder Fensterdichtungen verkaufen wollen?«, fuhr Große Jäger den Mann an. Der schluckte heftig. Die Empörung über die Abfuhr war ihm anzusehen.

»Mich interessiert es, ich bin …« Weiter kam er nicht.

Der Oberkommissar blickte ihm fest in die Augen. Er sah mit seinem unrasierten Kinn alles andere als vertrauenerweckend aus. Jetzt rückte er noch etwas näher an den Mann mit der Mütze heran, sodass er sehr dicht vor ihm stand und Körperkontakt zum vorgestreckten Bauch des Mannes hatte, und fuhr ihn an: »Dann sollten Sie aber ganz intensiv die Zeitung lesen, wenn Sie alles interessiert.«

Inzwischen hatte sich auch die kleine Frauengruppe genähert und bildete mit dem zweiten Mann einen Halbkreis um die drei Beamten und den Mann mit dem Fahrrad.

Christoph ahnte, dass er jetzt wieder die Gesprächsführung übernehmen musste. Ein aufbrausender Große Jäger war nicht der Garant dafür, auf fremdem Terrain neue Freundschaften zu schließen.

»Gibt es einen Grund für die Aufregung?«, versuchte er zu beschwichtigen, ließ dabei aber die Frage, ob sie von der Polizei wären, unbeantwortet.

Der Mann mit dem Fahrrad war sichtlich froh, in Christoph jetzt einen weniger groben Ansprechpartner gefunden zu haben.

»Ich bin hier der Bürgermeister«, stellte er sich vor. »Deshalb habe ich ein Anrecht darauf zu erfahren, was im Dorf vorgeht.«

»Glauben Sie wirklich, wir würden Wahlkampf für irgendeine Partei machen?«, fuhr Große Jäger dazwischen, wurde dann aber sanft von Mommsen, der ihn von hinten am Saum des Parkas zupfte, gebremst.

Christoph schlug einen sachlichen Ton an. Es würde sie nicht weiterbringen, wenn sie die Konfrontation mit den Einheimischen suchten, denn sie waren auf die Auskunftsbereitschaft der Menschen angewiesen.

»Wir untersuchen den Todesfall von Anne Dahl, die in der Gemarkung dieses Ortes aufgefunden wurde. Dazu gehört auch, dass wir Befragungen anstellen und Zeugen suchen, die uns etwas über den Aufenthalt der jungen Frau hier im Dorf erzählen können.«

»Aha!«, sagte der Mann mit dem Fahrrad. »Und nun haben Sie in dem Fremden dort«, dabei wies er mit dem Finger auf das rote Klinkerhaus der Familie Brehm, »einen Verdächtigen.



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