Tod im Regenwald (German Edition) by Smercek Boris von

Autor:Smercek, Boris von [Smercek, Boris von]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Kontor New Media GmbH
veröffentlicht: 2012-12-20T23:00:00+00:00

29

Im Laufe der nächsten Stunden erholte sich Valdéz erstaunlich schnell, und er äußerte den Wunsch, etwas zu essen. Das Angebot, ihm einen Teller Suppe zu bringen, lehnte er ab, denn er fühlte sich stark genug, um aufzustehen und mit den anderen am Tisch zu sitzen.

»Bitte Sie mir geben meine Kleider wieder. Oder Ihnen vielleicht würde gefallen, wenn ich esse nackt«?, sagte er mit einem Augenzwinkern zu Sarah, die auf seine Anzüglichkeit jedoch nicht einging.

»Ihre Kleider sind nass und dreckig«, schaltete Doc sich ein. »Wenn Sie einverstanden sind, gebe ich Ihnen ein T-Shirt und eine Hose von mir, bis wir Ihre Sachen gewaschen und getrocknet haben.«

»Vielen Dank, das sehr freundlich.«

Doc verschwand kurz aus dem Labor und tauchte kurze Zeit später wieder mit frischer Wäsche auf. Dem ausgezehrten Brasilianer war sie etwas zu weit, doch er beklagte sich nicht.

Noch ein wenig unsicher auf den Beinen, schlurfte er den Gang entlang zur Küche. Die anderen folgten ihm wie eine Eskorte, immer bereit, ihn aufzufangen, falls seine Kräfte ihn verlassen sollten. Aber er hielt sich wacker und nahm beim Laufen keine fremde Hilfe in Anspruch. Mit typisch südländischem Stolz lehnte er vor allem die Unterstützung Sarahs ab. Einer Frau gegenüber Schwäche zu zeigen, kam für ihn nicht in Frage.

»Das ist sehr gut«, lobte er das Essen. »Wer hat gemacht?«

»Das war ich«, antwortete Browning etwas verlegen, denn er hatte wie üblich nichts weiter getan, als die Dose zu öffnen, ihren Inhalt in einen Topf zu schütten und diesen zu erhitzen. »Freut mich, wenn es Ihnen schmeckt.«

»Wirklich ausgezeichnet. Schon seit Tagen ich habe nicht gehabt ein so hervorragendes Essen.« Der Brasilianer lachte über sein Scheinkompliment, war es doch klar, dass er seit seinem Absturz keine Mahlzeit mehr zu sich genommen haben konnte. Jim kam sich vor wie ein Idiot.

»Wann sind Sie abgestürzt?« erkundigte sich Mac, bevor Browning aus der Haut fahren konnte. Der Junge wollte nun endlich genau wissen, was vorgefallen war. »Können Sie sich daran erinnern?«

»Welcher Tag heute ist?«

»Der 15. Juni. Ein Montag.«

Valdéz, der bislang geschlungen hatte wie ein Schaufelbagger, hielt plötzlich inne.

»Segunda-feira, 15 de Junho …«, wiederholte er geistesabwesend in seiner Muttersprache. »Wir sind gestartet vor fast einer Woche am Mittwoch. Das war der 10 de Junho. Ich noch genau weiß. Wir sind gestartet von Manaus. Das muss sein über vierhundert quilómetros nordöstlich von hier. Pedro und ich waren auf Weg nach Rio Branco. Wir gemeinsam fliegen schon seit zehn Jahren, egal, ob durch Wind, durch Regen, durch Gewitter oder durch Hölle. Was wir nicht haben schon alles erlebt!«

Sarahs Mundwinkel umflog ein süffisantes Lächeln. Sie hatte nicht viel für Angeberei übrig.

»Der Dschungel«, fuhr Valdéz wie ein Gelehrter fort, »ist wie eine Frau: schön, launisch und gefährlich. An diesem Tag vor allem gefährlich. Ich war hinten im Frachtraum, um ein wenig zu schließen die Augen. Ich hatte hinter mir eine lange Nacht mit Juanita. Mit meiner süßen, kleinen Juanita.« Dreckig lachend deutete er mit seinen Händen an, wie üppig diese Frau gebaut sein musste. Er zwinkerte den anderen Männern zu und fuhr dann fort: »Sie verstehen, was ich meine? Ein echtes Prachtweib.

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