Tod im Klostergarten - Rheingau Krimi by emons Verlag

Tod im Klostergarten - Rheingau Krimi by emons Verlag

Autor:emons Verlag
Die sprache: deu
Format: azw3, epub, mobi
ISBN: 9783863583415
veröffentlicht: 2014-08-02T22:00:00+00:00


Samstag, 5. Mai

Draußen zwitscherten die Vögel schon eine ganze Weile, und neben ihr schien Bernhard sämtliches Gehölz der Eberbacher Gartenanlage zersägen zu wollen. Er lag da wie ein zufriedener Säugling, nur verkrumpelter, größer und behaarter. Es fehlte bloß noch, dass er einen Daumen in den Mund steckte und daran nuckelte. Er war ein wenig geübter und etwas ruppiger Liebhaber, aber im Vergleich zu vielen Kerlen, die sie schon im Bett gehabt hatte, war er eigentlich ganz süß. Wenigstens war er nicht so verdammt selbstgefällig wie die meisten seiner Geschlechtsgenossen. Verrückterweise fühlte sie sich sicher bei ihm, sicher und geborgen, obwohl sie ihn kaum kannte, fand ihn kuschelig, obwohl sie fettige Haare hasste, vertraute ihm, obwohl sie ihn vor Kurzem noch für den Mörder ihrer Schwester gehalten hatte, und hegte zärtliche Gefühle für ihn, obwohl sie vorhatte, ihn zu bestehlen.

Das wird nicht gut gehen, flüsterte ihr die Stimme von Oma zu.

Manchmal war es gar nicht so leicht, solch eine weise Ratgeberin im Ohr zu haben oder wo immer deren Stimme herkam. »Warum denn nicht?«, wollte sie von der Großmutter wissen.

Du willst zu viel, es passt alles nicht zusammen. Du willst einen Freund, du willst ihn beklauen, du willst erfahren, was in dem halben Jahr passiert ist, an das du dich nicht erinnerst, du willst den Mörder deiner Schwester finden. Das sind vier Wünsche. Das macht dich noch ganz durcheinander.

Was redete die Alte da? Sie war nicht verrückt. Sie hatte alles im Griff.

Jetzt hörte ihr Ritter für eine ganze Weile mit dem Schnarchen und Sägen auf. Er ruhte sich aus. Aber dann setzte er seine Tätigkeit mit doppelter Intensität fort. Zur Abwechslung schmatzte und grunzte er jetzt auch noch. Richtig abwechslungsreich war es mit ihm.

Du musst dich entscheiden, flüsterte die Stimme.

Jetzt schien Bernhard aufzuwachen. Einem lauten Schnarcher folgte ein Schnauben und Stöhnen. Er wälzte sich ein paar Mal unruhig hin und her, dann schlug er die verquollenen Augen auf und blickte ihr ins Gesicht. Der große, dicke Ritter mit dem schuldbewussten Dackelblick, dachte Tatjana.

»Mein Mäuschen«, röchelte er.

Immerhin hatte er sie nicht schon wieder Magdalena genannt, wie mehrfach in dieser Nacht geschehen. Wahrscheinlich sollte sie dafür dankbar sein. Aber als Mäuschen bezeichnet zu werden, das gefiel ihr überhaupt nicht. Eine Frechheit war das, eine Gemeinheit sondergleichen.

Reg dich nicht auf, er meint das doch nicht böse, versuchte die Großmutter sie zu besänftigen.

»Halts Maul!«, wies sie die alte Besserwisserin in ihre Schranken. Mäuschen! Hass durchflutete sie, bodenloser, böser Hass. Sie war kein Mäuschen, was bildete sich dieser stinkende Fettsack bloß ein? Jetzt fasste er sie an, sie schubste ihn weg.

»Was ist denn, Mäuschen?«

Sie sprang aus dem Bett. Wenn er sie noch mal so nannte, würde sie sich in der Küche das große Messer holen und ihn abstechen.

Drehst du jetzt völlig durch?, schimpfte die Großmutter. Denk lieber mal nach, was dich an dem Wort Mäuschen so stört.

Tatjana holte tief Luft. Großmutter hatte recht, wie immer. Sie setzte sich auf die Bettkante und ließ es zu, dass Bernhard heranrobbte und ihren Rücken zu kraulen begann.

»Nenn mich nicht Mäuschen, das kann ich nicht leiden.



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