Tobie Lolness. Die Augen von Elisha by Timothée de Fombelle

Tobie Lolness. Die Augen von Elisha by Timothée de Fombelle

Autor:Timothée de Fombelle [Fombelle, Timothée de]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Jugendbuch, Fantasy
ISBN: 9783836952040
Herausgeber: Gerstenberg
veröffentlicht: 2008-07-16T22:00:00+00:00


Ich komme wieder

Tobie und seine beiden Kollegen hatten ihr Netz an einer Girlande aus zerzaustem Moos aufgehängt, die im Leeren baumelte. In dieser Hängematte hielten sie Mittagsruhe, in den Schlaf gewiegt vom Tröpfeln des um sie herum schmelzenden Schnees.

Dieser Januar erlebte bereits den dritten großen Sonnentag. Die Natur ließ sich von der Erwärmung täuschen. Man hörte das Summen von Insekten und ein Knacken in den Zweigen wie an Frühlingstagen. Tobie schlief nicht. Er lauschte dem Erwachen des Baumes im tiefsten Winter. Er wusste, dass die Winterfee am nächsten Tag erneut auf die Äste niedergehen und die Welt unter ihrem weißen Flügel einschlafen würde.

Inmitten der Tauwassertropfen sah Tobie in der Luft Schlammstreifen vorüberziehen. Das mussten geschmolzene Schneeflocken sein. Außerdem hörte er das beruhigende Schnarchen von Schanje und Torfu neben sich.

»Und wenn der Baum eines Tages nicht erwacht ...?«, dachte Tobie.

Er wusste von der Gefahr, die über den Ästen schwebte. Lex Olmech hatte ihm vom Rückgang der Blätterschicht und dem Verfaulen der Rinde im Norden erzählt.

Die Vorhersagen von Sim Lolness trafen alle ein. Im letzten Frühjahr war ein Teil der Knospen vertrocknet. Die Verantwor- tung wurde auf Moos und Flechten geschoben ... Aber Tobie, der im Grasland gelebt hatte, wusste sehr gut, dass Flechten sogar auf Fels wachsen. Man konnte sie also nicht beschuldigen, die Energie des Baumes aufzusaugen. Sie nutzten nur den Platz und das Licht, das die verschwindenden Blätter hinterlassen hatten.

Moos und Flechten gehören zu jenen Wandervölkern, denen man eigentlich dafür danken müsste, dass sie ihr Lager in verlassenen Gebieten aufschlagen. Würde man denn Nomaden einen Vorwurf daraus machen, von Trockenheit oder Bränden verwüstete Äste zu besiedeln?

Tobie hätte noch lange auf diese Weise Betrachtungen angestellt, hätte er nicht bemerkt, dass seine beiden Freunde plötzlich nicht mehr atmeten. Er richtete sich auf und wandte langsam den Blick zu Schanje und Torfu.

Es war ein Alptraum. Zwei Blutegel, die aussahen wie klebrige längliche Mützen, bedeckten ihre Köpfe bis zum Hals. Die Blutegel waren gerade dabei, sie zu ersticken, um sie dann auszusaugen und nur noch einen blutleeren Beutel zurückzulassen. Daher also die Schlammstreifen, die ringsum herunterfielen. Es waren Frühlingsblutegel, die sich im Kalender vertan hatten.

Tobie stürzte sich mit seiner Axt auf Schanjes Kopf. Die elastische, glitschige Substanz des Blutegels ließ sich nicht angreifen. Die Klinge rutschte ab und drohte, den armen Holzfällern den Kopf abzuschlagen. Tobie brüllte los. Um ihn herum regnete es weitere Blutegel.

Fliehen. Das war die einzige Lösung. Aber Tobie hatte nicht die Kraft dazu. Selbst wenn er davonkam, würde ihn das Bild seiner gestikulierenden Gefährten neben sich bis zum Tod verfolgen.

Ein dicker Blutegel richtete seinen Saugnapf auf Tobies Schulter. Er glaubte sich verloren, als aus dem Nirgendwo ein brennender Pfeil auftauchte und das klebrige Viech vollständig durchbohrte. Es krümmte sich mit einem Schlag zusammen und fiel ins Netz.

Von allen Seiten tauchten nun weitere Pfeile auf. Die Hängematte fing Feuer. Die Tiere wehrten sich. Augenblicklich erschienen die Gesichter von Schanje und seinem Schwager wieder. Die Blutegel krümmten sich, wälzten sich inmitten der Flammen und ließen von ihnen ab. Tobie stieß einen Siegesschrei aus, aber die drei Kletterer wurden nur noch von einem Netz aus Asche gehalten.



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