Talk Talk by T. Coraghessan Boyle

Talk Talk by T. Coraghessan Boyle

Autor:T. Coraghessan Boyle [Boyle, T. Coraghessan]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 978-3-446-24393-4
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2013-06-19T00:00:00+00:00


DREI

Gegen seinen Willen war er eingeschlafen, so erschöpft, als hätte man ihn unter Drogen gesetzt, und als er erwachte, war sein Gesicht an das Seitenfenster gedrückt, und Dana war an ihn geschmiegt wie eine zweite Garnitur Kleider und atmete im gleichen Rhythmus wie er. Draußen sickerte ein schwaches Grau in den Himmel. Nichts regte sich. Die gelbe Lampe am Ende des Parkplatzes war ein verschwommener Fleck, alles andere war vom Nebel ausgelöscht. Sein linker Arm war eingeklemmt und abgestorben, und das Hemd fühlte sich feucht und gummiartig an – der Preis für eine Übernachtung im Wagen. In dem es schal roch, als hätten sie nicht eine Nacht, sondern Monate darin verbracht, und er dachte darüber nach, über den Geruch der Beengtheit, und dann schloß er für einen Moment die Augen, und der Wagen verwandelte sich in ein Tiefseetauchboot, das in den finsteren Schluchten des Pazifischen Ozeans inmitten der wabernden Schemen von Wolfsfischen und Coelacanthi über einem Abgrund schwebte. Er öffnete die Augen wieder und sah nichts, eine graue Masse, und dann kam ihm der Gedanke, einen Blick auf die Uhr zu werfen.

Langsam und ganz vorsichtig – noch war es nicht nötig, sie zu wecken – hob er den gefühllosen Arm und schob den Ärmel zurück. Er war nicht sonderlich überrascht, daß es kurz vor sechs war – eine gräßliche Uhrzeit, die er nur zwei- oder dreimal im Jahr erlebte, wenn er mit Deet-Deet oder Pixel versackte und in unentrinnbare Videospieltrance fiel –, doch er verspürte einen kleinen Ärger über die Tatsache, daß er nicht in einem Motelbett lag und bis Mittag schlafen konnte, mindestens bis Mittag. Er hatte gestern abend dafür plädiert, die Sache aufzugeben – es war die falsche Wohnanlage, der Typ war umgezogen oder gestorben oder in den Tiefen des Weltalls verschwunden –, aber Dana hatte darauf bestanden. Als er vom Parkplatz gefahren war, entschlossen, ein Restaurant und ein Motel mit Kabelfernsehen zu finden, schwenkte sie ihren abgegriffenen Schnellhefter, in dem die gerichtliche Bescheinigung und die Faxe mit den Polizeiprotokollen und den Fotos waren. »Das hier«, sagte sie und spuckte die Worte förmlich aus, »ist alles, was wir brauchen. Wenn wir das der Polizei zeigen, haben wir ihn.«

»Stimmt, aber erst mal müssen wir ihn finden«, hatte er genervt gesagt und ihr dabei den Kopf zugewendet, damit sie seinen Mund sehen konnte. »Und wenn wir ihn gefunden haben – was dann? Wo sind dann die Bullen? Meinst du, die kommen im richtigen Moment einfach vorbei?«

»Ich rufe die Notrufnummer an. Sobald ich ihn sehe. Ich rufe an und sage, daß gerade ein Verbrechen verübt wird. Ein Einbruch, okay? Der gerade verübt wird.«

»Und dann?«

»Dann zeige ich ihnen das hier« – sie wedelte mit dem Schnellhefter –, »denn das ist doch wohl auch ein Verbrechen. Das gerade verübt wird. Oder?«

Sie waren inzwischen wieder auf der Hauptstraße. Die Scheinwerfer der entgegenkommenden Wagen ließen ihre Gesichter aufblitzen, als wären sie wieder unter den Stroboskoplichtern des Doge, als sähe er Dana wieder zum erstenmal. Für einen Augenblick gab er sich einer Nostalgie, einer Zärtlichkeit hin



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