Steinmeier – Die Biografie by Cord Balthasar

Autor:Cord Balthasar
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: riva Verlag
veröffentlicht: 2017-01-19T16:00:00+00:00

PRISM, Kurnaz & Co.

Eine der Folgen der damaligen Anschläge ist der Wunsch, Planungen ähnlicher Attentate etwa durch eine flächendeckende Überwachung und Abhörmaßnahmen frühzeitig vereiteln zu können. Dass gerade die USA nach dem Jahr 2001 vor allem im eigenen Land derartige Praktiken intensivierten, darüber ist inzwischen unzählige Male berichtet worden. Wie umfangreich derartige Maßnahmen aber in der Realität waren und sind, das wurde der Öffentlichkeit erst im Jahr 2013 bewusst. Damals spielte der sogenannte Whistleblower Snowden Medien geheime Informationen zu entsprechenden Programmen zu. Dabei ging es unter anderem um ein PRISM genanntes Programm, das die Überwachung digitaler Kommunikation erlaubte – innerhalb und außerhalb der USA. Dieses sollte bereits seit dem Jahr 2005 in Betrieb gewesen sein – und es warf natürlich auch die Frage auf, ob entsprechende Abhörmaßnahmen im amerikanischen Inland wie im Ausland eventuell nicht schon früher durchgeführt wurden. Was dann wieder zu Fragen an Frank-Walter Steinmeier führte. Schließlich leitete der sieben Jahre lang als Kanzleramtschef auch die Geheimdienste. Der verwahrte sich allerdings immer wieder deutlich dagegen, unter seiner Führung beziehungsweise Mitarbeit seien Grundrechte deutscher Bürger auf derartige Weise verletzt worden. So berichtete der Arbeitskreis Digitale Gesellschaft der SPD Schleswig-Holstein im August 2013 unter der Überschrift »Steinmeier über Geheimdienst-Aktivitäten: ›2001 bebte die Welt‹« zum Thema.

Dort heißt es dann unter anderem: »Frank-Walter Steinmeier erklärt: ›Am 11. September 2001 bebte die Welt. Nach dem Terrorangriff auf Amerika war uns allen schlagartig klar, dass der internationale Terrorismus zu jeder Zeit und an jedem Ort zuschlagen kann. Es war damals die wichtigste Pflicht der Bundesregierung aus SPD und Grünen, einerseits die Sicherheit der Bürger in Deutschland zu gewährleisten und andererseits Freiheit und Bürgerrechte zu wahren. Dass dies gelungen ist, ist ein bleibender Verdienst der Regierung Schröder.‹«62 Die rot-grüne Bundesregierung habe damals öffentlich angekündigt, die Zusammenarbeit der Geheimdienste zu intensivieren, dafür habe es eine breite Mehrheit im Bundestag gegeben. Selbstverständlich habe man dabei Recht und Gesetz eingehalten. Anders als die Bundesregierung suggeriere, seien damit allerdings keinesfalls der Überwachung deutscher Bürger Tür und Tor geöffnet worden.

Zu dem Thema gab Steinmeier auch der Bild-Zeitung ein Interview, dort wurde er im Juli 2013 mit Aussagen wiedergegeben, wie der: die fraglichen Programme, Prism und Tempora habe es damals noch gar nicht gegeben. Diese Programme basierten vielmehr auf einem technologischen Quantensprung, und sie verfolgten das Ziel einer Totalüberwachung des gesamten Internetverkehrs. Es sei selbstverständlich, dass alle Staaten um den Schutz ihrer Bürger besorgt sein müssten, was natürlich auch für die USA nach dem 11. September gelte. »Aber eine flächendeckende Abhörpraxis ist ein anderes Kaliber. Hier werden Freiheitsrechte offenbar vollständig ausgehebelt.«, so Steinmeier.63

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang noch die politische Lage im Deutschland dieser Zeit: Die SPD hatte die Wahl im Jahr 2009 deutlich verloren. Fand sich ein Frank-Walter Steinmeier zuvor seit 2005 in der Rolle des deutschen Außenministers wieder, war er nun SPD-Fraktionsvorsitzender und damit in der Opposition. Die nächste Bundestagswahl allerdings stand kurz bevor, sollte im September 2013 stattfinden. Daher ist es naheliegend, dass Frank-Walter Steinmeier sich weniger mit eventuellen eigenen Versäumnissen beschäftigte, sondern den Ball der aktuellen Regierung zuspielte.

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