Star Trek Deep Space Nine - Kraft und Bewegung by Jeffrey Lang
Autor:Jeffrey Lang
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Cross Cult
veröffentlicht: 2018-12-15T00:00:00+00:00
Kapitel 12
9. Januar, 2386
Deck zwei
Robert Hooke
Finch war verärgert. Nichts lief wie geplant.
Es hatte einen Plan gegeben. Vorher. Vor gar nicht so langer Zeit. Alles war wie vorgesehen abgelaufen. 'Wie auf Schienen', pflegte Finchs Mutter zu sagen. Erst mit fünf hatte er begriffen, was sie gemeint hatte: 'Als wäre es ein Magnetschwebezug.' Wie in 'reibungslos und ohne Störungen'. Vor dieser Erkenntnis hatte er den Begriff Schiene ausschließlich mit Schienenkanone in Verbindung gebracht, darum hatte er auch immer gedacht, sie meinte 'plötzlich und mit unvorstellbarer Geschwindigkeit abgefeuert'.
Er war ein ungewöhnliches Kind gewesen.
Jetzt, da Finch von seinem Hausmeister durch die Korridore seiner eigenen Forschungsstation gezerrt wurde, blieb ihm nichts anders übrig, als auf den Beinen zu bleiben und darüber nachzudenken, wie er in diese verabscheuungswürdige Situation geraten war. Sabih hätte alle Schuld bekommen sollen. Das war aber nicht geschehen, zumindest nicht ausschließlich.
Sie blieben vor Labor zwei stehen. Der Hausmeister sagte irgendwas, aber Finch verstand das Gegrunze nicht, da ihn Erinnerungen an seine Mutter – seine seltsame, wundervolle Mutter – ablenkten. Mutter, fragte er sich, wo bist du? Finch sah den Hausmeister an. Ein vergeblicher Versuch, Höflichkeit zu heucheln. Mit zu einem hässlichen Knurren heruntergezogenen Mundwinkeln erwiderte der Hausmeister den Blick.
Der Hausmeister schlug ihn. Ins Gesicht!
Finch beobachtete, wie Speicheltropfen durch die Luft flogen, zu einer perfekten Parabel ansetzten, aber zu seiner großen Überraschung schwebten sie auf einmal hinauf, als hätte sich die Schwerkraft vorübergehend abgemeldet.
Einen Augenblick später stand er nicht mehr auf dem Deck und sein Magen rebellierte. Das Essen und die Getränke der letzten Stunden verließen seinen Körper, hingen wie eine Wolke in der Luft.
Kurz – viel zu kurz – fühlte Finch, wie ihn trotz der Übelkeit, trotz der Angst und der Sorgen ein Gefühl von Seligkeit überkam. Hier kommt es, dachte er. Endstation. Und dann war er darüber amüsiert, dass auch dieser Ausdruck im weitesten Sinne mit Magnetschwebezügen zu tun hatte. Alles, erkannte er, hat heutzutage mit Magnetschwebezügen zu tun.
Die Schwerkraft kehrte zurück und das Deck kam ihm zur Begrüßung entgegen.
So hart ihn der Hausmeister – Maxwell, erinnerte sich Finch – auch geschlagen hatte, das war nichts gegen die gewaltige Wucht der Schwerkraft, die ihre alleinige Herrschaft zurückforderte. Sein Nasenknorpel brach. Flüssigkeiten traten aus seinem Körper aus. Werden die Unwürdigkeiten dieses Tages jemals enden?
Geräusche kehrten zurück. Die Welt schrie ihn an: Stimmen, Alarme, kreischendes Metall. Maxwell. Maxwell schrie ihn an.
Finch erkannte, dass die Welt bis zu diesem Augenblick ohne Ton gewesen war. Oder verschleiert. Er fühlte seine Eingeweide zucken und die winzigen Knochen in seinen Ohren – Hammer, Amboss und Steigbügel – schwangen und sangen. Finch erinnerte sich an die Berechnungen, die die Laufbahn seiner gegenwärtigen Umstände festlegten, die Bewegung hier und dort, auf und ab, vor und zurück, mit Schwerkraft und ohne sie. Kraft und Bewegung, dachte er, als er sich an die Physik-Nachhilfestunden aus seiner Kindheit erinnerte. Die Hand seiner Mutter, das Lächeln seiner Mutter. Kraft und Bewegung.
'… und dann werden wir explodieren! ', schrie Maxwell. 'Es sei denn, Sie helfen mir.'
'Ja', antwortete Finch.
Maxwell verlor den Faden seiner Tirade, schwieg. Er kniete.
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