Splitterherz 1 - Splitterherz by Bettina Belitz
Autor:Bettina Belitz [Belitz, Bettina]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-10-19T16:00:00+00:00
Ãbervater
Noch bevor ich fähig war, meine Augen zu öffnen, spürte ich, dass etwas auf meiner Brust lastete. Siedend heiÃe Wellen des blanken Horrors schossen durch meinen Bauch. Jetzt war es also geschehen. Ich wurde angefallen. Das war das Ende meines bisherigen Lebens und weià Gott, viel Grandioses war darin nicht passiert. Vielleicht war es sogar mein Tod.
Dann begann mein Gehirn zu arbeiten. Nein, es tat nichts weh. Keine Klauen im Nacken. Auch war ich von keinem Sehnen erfüllt, alles zu geben. Ich hatte lediglich entsetzlichen Hunger. Ãberdies wäre es ein erbärmlich leichtgewichtiger Mahr gewesen, der da auf meiner Brust saà und versuchte, Träume aufzusaugen. Und ich war mir ziemlich sicher, dass Mahre weder schnurrten noch nach Fisch stanken.
Ich überredete mich dazu, meine schlaftrunkenen Lider zu heben, und blickte direkt in Mister Xâ halb geschlossene, verzückte Augen.
»Mrau«, machte er selbstgefällig.
»Also, das geht nun wirklich nicht«, sagte ich mit unglaubwürdiger Strenge in meiner heiseren Morgenstimme. Ich versuchte, ihn wegzuschieben - eine Aktion, die dieser aufdringliche Kater nur mit einem weiteren »Mrau« kommentierte und dazu nutzte, sich noch fester auf mir einzurollen.
Das Brummen und Klingeln meines Handys setzte dem unfreiwilligen Schmusekurs ein vorzeitiges Ende. Mister X und ich er- schraken gleichzeitig und stoben synchron aus dem Bett, er zur linken Seite und sehr elegant, ich zur rechten und eher unbeholfen.
Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie spät es war, und musste einen Moment lang überlegen, um mich erinnern zu können, welchen Wochentag wir hatten und in welcher Welt ich mich befand.
Das Handy vibrierte und schrillte penetrant weiter. Ich schlurfte zum Fenster, um es mir vom Sims zu angeln und mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen zu lassen. Mister X besaà die Frechheit, sich in der Zwischenzeit unter meiner Bettdecke zu einer Fellkugel zusammenzurollen.
Das gleiÃende Sonnenlicht strahlte mich schonungslos an und machte es mir unmöglich, auch nur irgendetwas auf meinem Display zu erkennen. Etwa ein Kontrollanruf meiner Eltern?
Colin, schoss es mir freudig durch den Bauch, als ich an meine Eltern dachte. Ich war bei Colin gewesen. Ich hatte es wirklich getan. Und er hatte mich nicht weggeschickt. Gut, nicht sofort. Aber meine Aufenthaltsdauer von gestern Abend war der bisherige Rekord, auch wenn ich nicht wusste, wie man das bezeichnen sollte, was zwischen uns entstand.
»Hallo?«, meldete ich mich blinzelnd.
»Ibiza!«, schallte es mir entgegen - nicht minder freudig als meine Morgengedanken an den ersten und einzigen Vollblutmahr in meinem schnöden Dasein.
»Hä?«, gab ich tumb zurück.
»Ich binâs!«
»Wer ist denn >ich<?«, fragte ich vorsichtig. Maike war es jedenfalls nicht. Und Benni erst recht nicht.
»Jenny! Sag mal, was ist denn mit dir los?«
Jenny. Die hatte ich ja total vergessen.
»Oh, hallo, Jenny«, sagte ich und es gelang mir nur wenig zufriedenstellend, etwas spontane Begeisterung zu vermitteln. Ich klang fürchterlich verpennt. Und so fühlte ich mich auch. Aber es ging mir gut dabei.
»Jaa, wie gesagt«, rief Jenny viel zu laut und ich hielt das Handy ein Stück von meinem Ohr weg. »Ibiza, es klappt!«
Verdammt, ich hatte wieder viel zu wenig gefragt heute Nacht. Viel zu wenig! Ich zog ein Blatt Papier aus meinem Drucker und suchte nach einem funktionierenden Kugelschreiber.
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