Sowas kann auch nur mir passieren: Roman (German Edition) by Mhairi McFarlane

Sowas kann auch nur mir passieren: Roman (German Edition) by Mhairi McFarlane

Autor:Mhairi McFarlane [McFarlane, Mhairi]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426442913
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2018-10-28T23:00:00+00:00


22

Ursprünglich hatte ich gedacht, dass es mich unnötig unter Druck setzen würde, mitten in der Schicht mein Stand-up-Debüt zu feiern. Tatsächlich aber ist es gar nicht schlecht, die flatternde Aufregung, die im Nachhinein über mich schwappt, abzufedern, indem ich zurück an die Bar gehe und selbstbewusst in Richtung der wartenden Gäste frage: »Wer ist dran, bitte?«

»He, komm her, du!«, sagt Devlin, der den aus dem Saal schlendernden Gästen gefolgt ist. Er umarmt mich linkisch über die Theke hinweg. »Seit meine Nacktfotos geleakt wurden, hat niemand mehr in einem meiner Pubs so gelacht. Luke, dieses Mädchen war großartig.«

Lucas steht mit einer Kiste Bitter Lemon neben uns und würdigt die Bemerkung nur mit einem Kopfnicken. Das Getränk passt ja.

»Hast du gewonnen?«, fragt er.

»Das wird sich erst nach dem letzten Abend zeigen, es geht um den Besten aus drei Sessions«, sagt Devlin. »Du machst doch alle drei mit, oder?«

»Ja, zumindest hatte ich das vor.« Ich zucke die Schultern und lächle. »Wenn ich die erste nicht schon verpatzt habe.«

»Unter verpatzen verstehe ich was anderes.«

Lucas sieht mich an und wendet dann den Blick ab.

Plötzlich habe ich ein Déjà-vu. Sein zurückhaltender Gesichtsausdruck erinnert mich an einen Blick von ihm, als wir gemeinsam ein Referat über die Frage hielten, ob Sturmhöhe eine Geschichte der Erlösung oder der Verzweiflung erzählt. Ungefragt zitierte ich eine Bemerkung, die er gemacht hatte, um einen Lacher von der Klasse zu kassieren.

Damals im Klassenzimmer sagte seine Miene: »Was soll das? Ich kann dich überhaupt nicht einschätzen.« Aber warum jetzt? Vielleicht hat man einfach sein Leben lang die gleiche Mimik und die gleichen Tics, und ich interpretiere da viel zu viel hinein.

»War das eine wahre Geschichte, oder hast du sie dir ausgedacht?«, fragt Dev und holt mich zurück aus meinen Grübeleien.

»Leider wahr. Mir wäre lieber gewesen, das nicht am eigenen Leib zu erfahren.«

Es war eine abgenutzte Anekdote, die ich aufgehübscht hatte. Genau das ist mein Problem: Mein Leben produziert zu viele Anekdoten, und darüber hinaus nicht viel mehr. Kein Mensch wünscht sich, unglücklich zu sein, nur damit er tragikomische Memoiren hinterlassen kann so wie Kenneth Williams.

»Da ging es um eine Veganerin, Luke …«, setzt Devlin an, aber Lucas erleidet einen Anfall selektiver Wahrnehmung und ignoriert Dev zugunsten eines neu eingetroffenen Gasts. Trotz meiner Hochstimmung flackert in mir der Gedanke auf: Warum kann er sich nicht für mich freuen?

»Da ist sie ja!« Rav steuert auf die Zapfhähne zu, gefolgt von Clem, Jo, Esther und Mark. »Eine gute Wahl, George, und der Aufbau wirklich gelungen.«

Sie plappern durcheinander, wie sehr es ihnen gefallen hat, und ich genieße es. Mir ist klar, dass ich Abzüge machen muss, weil sie mich 1. kennen, und 2. froh sind, dass ich die Sache nicht vermasselt habe, aber es ist doch auch echte Bewunderung dabei. Heiße Freude überschwemmt mich, ein ungewohntes Gefühl, das mir vorkommt wie ein Sonnenstrahl nach wochenlangem Regen. Endlich einmal stecke ich nicht im Schlamassel, sondern bin das Zentrum eines kleinen Triumphs. Ich habe etwas von Wert geschaffen, aus eigener Kraft. Zur Abwechslung fühle ich mich mal wie ein … oh, das klingt dämlich, aber ich fühle mich wie ein Individuum.



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