Sommerbuch by Jansson Tove

Sommerbuch by Jansson Tove

Autor:Jansson, Tove [Jansson, Tove]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-10-31T00:00:00+00:00


Der Bademantel

Sophias Vater hatte einen Bademantel, den er liebte. Er reichte ihm bis zu den Füßen und war aus dickem und steifem Flanell gemacht, der im Laufe der Zeit durch Salzwasser, Erde und anderem noch steifer geworden war. Der Bademantel kam wahrscheinlich aus Deutschland und war einmal grün gewesen. Vorn hingen Reste eines verzwickten Kordelsystems, und ein paar riesige, dunkle, bernsteinfarbene Knöpfe waren immer noch dran. Wenn man den Rock aufmachte, war er weit wie ein Zelt.

Früher, als Vater jung war, saß er oft, wenn es stürmte, in seinem Bademantel am Ufer und betrachtete die Wellen. Später war dieser Mantel gut zu gebrauchen, wenn er arbeitete oder fror, oder wenn er sich überhaupt irgendwie verstecken wollte.

Der Bademantel war von allen möglichen Seiten her in Gefahr: Man braucht nur an damals zu denken, als plötzlich liebe Verwandte auf die Insel kamen und das Haus putzten, um der Familie eine fröhliche Überraschung zu bereiten. Vieles, was die Familie liebte, wurde beim Reinemachen weggetan, aber das schlimmste war doch, daß sie den Bademantel ans Meer trugen und ihn einfach losschwimmen ließen. Später behaupteten sie, daß er muffig war. Natürlich, das war ein Teil seines Charmes! Geruch ist eine wichtige Sache, er erinnert an alles, was man erlebt hat, er ist wie eine Hülle von Geborgenheit und Erinnerung. Der Bademantel roch nach Strand und nach Rauch, was sie aber vielleicht nicht gemerkt hatten. Jedenfalls kam er zurück.

Die Winde stürmten, drehten sich und kehrten zurück, Wellen schlugen gegen die Insel, und eines schönen Tages trugen sie den Bademantel nach Hause. Nun roch er nach Tang, und in jenem Sommer ging der Vater fast nur im Bademantel. Und dann war da jenes Frühjahr, als sie eine Mäusefamilie im Bademantel entdeckten. Der Kragen hatte eine weiche flauschige Borte, den sie abgebissen und als Bettzeug benutzt hatten, dazu noch feinseidene Taschentücher. Und einmal sengte der Bademantel an, als der Vater zu dicht am Feuer schlief.

Als der Vater älter wurde, legte er den Bademantel auf den Boden. Er ging zuweilen dorthin, wenn er nachdenken wollte. Die anderen stellten sich dann vor, daß er im Bademantel nachdachte. Der Bademantel lag meistens unterhalb des kleinen südlichen Bodenfensters, lang und dunkel und unergründlich.

In jenem Sommer, als Sophia in einem neuen Trotzalter war, regnete es oft, es war kalt und umständlich, wenn man sich außerhalb des Hauses aufhalten wollte. Deswegen stieg Sophia auf den Dachboden, um allein zu sein. Sie setzte sich in eine Pappkiste und betrachtete den Bademantel. Sie sprach heftige und schlimme Dinge aus, und für den Bademantel war es sehr schwer zu widersprechen.

Zwischendurch spielte sie mit ihrer Großmutter Karten. Beide pfuschten gleich schamlos, und ihre Kartenspiel-Abende endeten jedesmal mit Zank. Das war bisher nie passiert. Die Großmutter suchte sich ihre eigenen Trotzperioden ins Gedächtnis zu rufen, um verständnisvoll zu sein, sie konnte sich jedoch nur an ein ungeheuer braves Kind erinnern. Klug wie sie war, sah sie ein, daß das Trotzalter aufgeschoben werden kann, bis man 8 5 Jahre alt ist, und sie nahm sich vor, auf sich selbst aufzupassen.



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