So rot wie Blut by Salla Simukka

Autor:Salla Simukka
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Arena
veröffentlicht: 2014-09-01T00:00:00+00:00

Donnerstag, 3. März

15

Weiße, flockige, kuschlig weiche, fein gewebte Schlagsahnelandschaften. Weit entfernt, so weit. Durch- und übereinandergleitend. Langsam und träge dahinziehende Wolken.

Kühl neigt der Tag sich zum Abend …

Noch wurde es nicht kühl. Die Hitze hatte gerade erst ihren Höhepunkt erreicht. Die Luft fühlte sich an wie warmes, weiches Wasser. Sie liebkoste Arme und Beine und Füße, als würde jemand mit einer großen Feder die Linien des Körpers entlangfahren. Man konnte nackt auf dem Steg liegen und die Wolken am Himmel betrachten. Zeit vergehen lassen. Sich sehnen. Sich nach dem anderen sehnen, der nur zwei Schritte entfernt lag. Lächeln, wenn man den Blick des anderen auf der Haut spürte.

Nimm meiner schmalen Schultern Sehnsucht …

Eine Wärme, die von außen und innen kam. Eine Wärme, die alle überflüssigen Gedanken verjagte. Eine lebendige Trägheit, eine träge Lebendigkeit. Die ewig währende Vergänglichkeit des Sommers. Der Moment, in dem alles gut war und Zweisamkeit unendlich viel besser als Einsamkeit. Der Gedanke, dass dies immer weitergehen könnte. Dass es genau so bliebe: Für immer mit diesem einen Menschen zusammen sein. Dutzende, Hunderte, Tausende Male nach dieser Hand fassen. Still werden. Den Atemzügen lauschen, die völlig zwanglos den gleichen, ruhigen Rhythmus finden, sich irgendwann beschleunigen, gemeinsam, im gleichen Takt.

Als der Sommer vorbei war und kühle Luft die ersten gelben Blätter in die Birken malte, schienen die Erinnerungen an jenen Tag auf dem Steg nur noch ein ferner Traum. Ein Traum, den jemand anders geträumt hatte.

Lumikki seufzte, löste ihre Augen von den Wolken am Himmel und sah hinüber zum Polizeirevier. Durch die großen Fenster des Busbahnhofs hatte sie es perfekt im Blick. Sie saß schon fast drei Stunden da und wartete, dass etwas passierte.

Das ergab alles keinen Sinn!

Sie war Elisas Vater Terho Väisänen von seinem Haus in Pyynikki durch die Eiseskälte über die Hauptstraße bis zum Polizeirevier gefolgt. Dann hatte sie sich auf ihren Posten im Busbahnhof begeben. Aufs Revier wollte sie lieber nicht – die Schlangen zur Beantragung und Abholung von Pässen waren zwar berüchtigt wegen ihrer Länge, doch ein Mädchen, das sich stundenlang im Warteraum rumdrückte, hätte wohl irgendwann Misstrauen erweckt.

Hier im Busbahnhof konnte sie in aller Ruhe herumsitzen. Ihre Kleidung hatte genau den richtigen Flohmarktlook. Man würde sie weder für eine Pennerin noch für einen eitlen Teenager halten. Sie war absolut unauffällig, kein Mensch würde sich an sie erinnern.

Dennoch kam es ihr hirnrissig vor, den ganzen Tag mit Warten zu verschwenden. Es war nur zu wahrscheinlich, dass Terho Väisänen brav in seinem Büro saß, um vier oder fünf seine Arbeit beendete und Lumikki ihm auf direktem Wege zurück nach Hause folgen würde. Was für ein bescheuerter, sinnloser Beschattungseinsatz.

Lumikki trank bereits den vierten Becher Automatenkaffee. Irgendwie musste sie sich ja wach halten.

Das Geld. Die Männer, die Elisa hatten schnappen wollen. Die junge Frau auf den Fotos. Der Eisbär. Wie hing das nur alles miteinander zusammen?

Der Schlüssel zu allem war Terho Väisänen, da war Lumikki sich absolut sicher. Auch Elisa war sich sicher, selbst wenn sie die Augen am liebsten davor verschlossen hätte. Ihr eigener Vater. Elisas Gesicht

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