Sjoewall, Maj & Wahloeoe, Per - Beck 02 by Der Mann der sich in Luft aufloeste

Sjoewall, Maj & Wahloeoe, Per - Beck 02 by Der Mann der sich in Luft aufloeste

Autor:Der Mann, der sich in Luft aufloeste
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


13

Wirklich kompakte Hitze wird stets noch unerträglicher, wenn die Sonne untergegangen ist. Wer die Wärme gewohnt ist und damit umzugehen weiß, schließt die Fenster und zieht die Vorhänge zu. Wie den meisten Nordeuropäern fehlte Martin Beck dieses Wissen. Er hatte die Gardinen zurückgezogen und das Fenster sperrangelweit geöffnet und lag nun in der Dunkelheit auf dem Rücken und wartete auf die Kühle. Sie kam einfach nicht. Er schaltete die Nachttischlampe ein und versuchte zu lesen. Auch das ging nicht sonderlich gut. Er hatte zwar ein Röhrchen Schlaftabletten im Badezimmer, wollte aber nicht gern diesen Ausweg nehmen. Der Tag war vergangen, ohne dass er etwas Nennenswertes erreicht hatte, also gab es allen Grund, am nächsten Tag möglichst ausgeschlafen zu sein und etwas zu leisten. Wenn er Schlaftabletten nahm, würde er den ganzen Vormittag wie betäubt durch die Gegend laufen, das kannte er schon.

Er stand auf und setzte sich ans offene Fenster. Der Unterschied war gleich null. Nicht der geringste Luftzug, nicht einmal ein heißer Windhauch aus der Puszta, wo immer die sein mochte. Die Stadt wirkte fast so, als wäre auch sie von der Hitze in Atemnot geraten und ins Koma gefallen. Nach einer Weile tauchte auf der anderen Seite des Flusses eine einsame gelbe Straßenbahn auf. Sie fuhr langsam über die Elisabethbrücke; das Geräusch, das die Reibung der Räder auf den Gleisen verursachte, wurde unter dem Brückenbogen verstärkt, bevor es über das Wasser davonzog. Trotz der Entfernung konnte er sehen, dass der Wagen leer war. Vor dreiundzwanzig Stunden hatte er dort auf der Brücke gestanden und über seine seltsame Begegnung mit der Frau aus Üjpest nachgedacht. Der Ort war nicht schlecht gewesen.

Er zog seine Hose und einen leichten Pulli an und verließ das Zimmer.

Die Portiersloge im Foyer war leer. Auf der Straße fuhr ein grüner Skoda an und bog langsam und notgedrungen um die Ecke. Liebespaare in Autos sind überall auf der Welt gleich. Er ging am Kai entlang, an ein paar schlafenden Schiffen und der Petöfi Statue vorbei und gelangte auf die Brücke. Sie lag wie in der Nacht zuvor still und verlassen da und war im Unterschied zu vielen Straßen der Stadt hell erleuchtet. Wieder blieb Martin Beck, die Ellbogen auf das Geländer gestützt, mitten auf der Brücke stehen und starrte ins Wasser. Unter ihm fuhr ein Schlepper hindurch. Erst viel später folgten die Schleppschiffe: vier lange Lastkähne, paarweise hintereinander. Sie glitten mit gelöschten Lichtern und nur eine Nuance dunkler als die Nacht lautlos dahin.

Als er ein paar Meter weiter ging, hallten seine Schritte auf der stillen Brücke wider. Er ging noch ein Stück und hörte das Echo erneut. Ihm war, als ob es einen Tick zu lange nachhallte. Er stand eine Weile still und lauschte, hörte aber nichts. Dann ging er schnell ungefähr zwanzig Meter weiter und blieb unvermittelt stehen. Wieder war da dieses Geräusch, und auchjetzt schien es ihm für ein echtes Echo zu spät zu kommen. Er überquerte so leise wie möglich die Fahrbahn und schaute von der anderen Seite zurück. Es war jetzt ganz still.



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