Silber by Steven Savile

Silber by Steven Savile

Autor:Steven Savile
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Amigo Grafik
veröffentlicht: 2011-12-29T23:00:00+00:00


Noah saß mit Abandonato in einem kleinen, von einer Mauer umgebenen Garten, mitten im Zentrum der Vatikanstadt. Der Monsignore hatte sich erboten, ihm die Sixtinische Kapelle und die anderen Sehenswürdigkeiten zu zeigen, um ihm die Wartezeit zu verkürzen. Doch Noah hatte keine besondere Lust verspürt, Interesse an den Wölkchen zu heucheln, die von viel prüderen Männern als den ursprünglichen Schöpfern des Freskos gemalt worden waren, um die Züchtigkeit der Engel zu bewahren. Warum war es immer dasselbe? Es schien zum Markenzeichen der modernen Welt geworden zu sein, dass jede Form der Gewaltdarstellung in Ordnung war, solange sie im Zeichentrick-Stil gehalten wurde – wie der Roadrunner, der dem nichtsahnenden Kojoten einen Amboss auf den Kopf fallen lässt. Doch schon die harmloseste Darstellung von menschlichen Genitalien musste sofort überdeckt werden, um die zarte Unschuld der Kinder zu schützen, damit sie nicht zu Triebtätern heranwuchsen. Er konnte fast verstehen, dass manche Muslime ihre Frauen in Burkas einhüllten, um so den Verlockungen des Fleisches entgehen zu können. Fast. Neben den von kleinen Wolken verdeckten Geschlechtsteilen der Engel erschien ihm das jedenfalls geradezu vernünftig.

Stattdessen hatte Noah beschlossen, mit dem Priester über die Selbstmorde zu sprechen, und vor allem über die beiden Botschaften, die sich auf Rom bezogen hatten.

„Sie wissen doch sicherlich, dass jede Generation an ihre eigene Apokalypse glaubt, die den Untergang der Menschheit zur Folge hat? Manche Menschen berufen sich auf Mother Shipton, die den Weltuntergang für das Jahr 1881 vorhergesagt hatte, andere auf die Prophezeiungen der Majas, laut denen uns noch bis zum Jahr 2012 Zeit bleibt, und wieder andere auf den berühmten Nostradamus. Das ist für uns nichts Neues. Nach den Aufzeichnungen von Flavius Josephus hat sich ein gewisser Theudas im Jahr 44 nach Christus selbst zum Messias ernannt. Er wurde enthauptet und sein Kopf nach Jerusalem gebracht. Im Jahr 53 nach Christi Geburt glaubten die Thessalonicher, dass sie die Entrückung in das Elysion versäumt hätten. Hippolyt von Rom hat errechnet, dass die Welt nur sechstausend volle Jahre bestehen könne; nach ihm hätte sie 600 nach Christus enden müssen. Die beiden Rabbiner Jehuda ha-Nasi und Chanina bar Chama haben vorhergesagt, dass 400 Jahre nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahre 70 nach Christus das Ende aller Tage anbrechen würde. Im Traktat über den Antichristen von Adso von Montier-en-Der, das aus dem Jahr 950 stammt, wurde das Ende der Welt zur damaligen Jahrtausendwende prophezeit. Im Jahre 964 schrieb Cartulaire de Saint-Jouin-des-Marnes: Dum sæculum transit finis mundi appropinquat – wenn das Jahrhundert verstreicht, nähert sich das Ende der Welt. Die Weltuntergangshysterie kurz vor einem neuen Millennium ist kein unbekanntes Phänomen.

Der Heilige Abbo war ebenfalls davon überzeugt, dass im Jahr 1000 nach Christus der Tag des Jüngsten Gerichts anbrechen würde. Und die Anzeichen dafür waren auch für jeden offensichtlich: missgebildete Kinder, Hungersnöte und hohe Sterblichkeitsraten. Der Tod wurde auf seinem bleichen Ross am Himmel gesehen – dabei hat es sich wohl um einen Kometen gehandelt. Als dann zur Jahrtausendwende der Herr nicht zu uns zurückgekehrt ist, und überhaupt nichts geschah, breitete sich das Heidentum



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.