Sieben Zeichen. Dein Tod by Billig Susanne
Autor:Billig, Susanne [Billig, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Nach dem Grüne-Wellen-Happening verspürte ich am kommenden TAG DER ARBEIT das heftige Bedürfnis, mich dem reellen Wesen des Tätigseins so richtig schrankenlos hinzugeben. Anna, die Spitzgesichtige, die sich um die Koordinierung der Renovierungsarbeiten bemühte, bat mich beim Frühstück, zusammen mit Manuel einen Teil des hinteren Gartens umzugraben. Da heiÃt, bitten ist nicht ganz das richtige Wort. Sie befahl uns an die Arbeit, nicht unbedingt militärisch streng, aber ich hatte doch den Eindruck, daà man von freiwilligen Entscheidungen hier nicht besonders viel hielt. Einmal schlich ich Anna nach, um zu sehen, von wem sie ihre Anweisungen erhielt. Von Dieter und Roy, natürlich, sie beratschlagten miteinander jeden Morgen im Büro. Ich hatte an jenem Tag nicht gewagt, mein Ohr an die Bürotür zu legen, aber ich war mir sicher, daà ich noch eine weitere, eine Frauenstimme in diesem Büro gehört hatte. Margarete?
Ich hatte nichts dagegen, heute den müden Manuel einen ganzen Nachmittag lang für mich zu haben und ihn etwas anzubohren. In einem Schuppen fanden wir Schaufel und Gummistiefel und legten los. Bald stellte sich allerdings heraus, daà Manuel weder Lust hatte zu sprechen noch graben wollte. Ich fragte ihn, wie lange er schon hier lebe, was er vorher gemacht habe, aber er murmelte nur undeutlich und gab sich verschlossen. Nach einer halben Stunde verschwand er mit irgendeiner fadenscheinigen Erklärung und kehrte nur kurz noch einmal zurück, um seine liegengebliebene Jacke zu holen. Er lieà mich allein mit dem verwahrlosten Garten und entschuldigte sich nicht einmal. Nicht lang, und ich geriet ins Schwitzen. Heute war ein warmer, ein schöner Tag. Herbst, Sonne, Gras, gelb und dunkelgrün und dieser klare, frische Geruch. Amseln beschäftigten sich hinter mir mit den Notwendigkeiten ihres Lebens und zogen emsig dicke Würmer aus der Erde. Ich verfluchte den Overall, den Anna mir zur Verfügung gestellt hatte und dessen Oberteil sich nicht separat ausziehen lieÃ. Ich grub und grub. Den Mittags-Gong überhörte ich wirklich. Den Gong, der gegen halb sechs zum Abendessen rief, wollte ich dann nicht mehr mitbekommen. Mir war danach, jedes Quentchen Kraft aus meinem Körper herauszuquetschen, um diese befremdlichen Meditationslehren von meiner Seelenlosigkeit loszuwerden. Nicht, daà es mir wichtig gewesen wäre, an meine Seele zu glauben. Aber ich wollte ehrlich gesagt auch nicht unbedingt mit dem Gegenteil belastet werden. Vielleicht tat es mir auch wirklich einfach gut, einmal allein zu sein. Es wurde dunkel, und ich dachte schon, daà ich aufhören müÃte zu arbeiten, doch dann kam mir der Mond zur Hilfe. Um halb zwölf war ich fertig. Ich hatte wirklich den ganzen Garten umgegraben. Rund und weià schien der Mond auf mein Werk und die blanke Schippe in meinen aufgescheuerten Händen. Ich trug das Instrument in den Schuppen zurück und machte mich auf den Weg zurück zum Haus. Knochen hatte ich keine mehr, die mir hätten weh tun können. Ich hatte überhaupt keinen Körper mehr, nur ein taubes Etwas. Morgen wieder. Morgen ein Körper. Morgen Muskeln, jede Menge Muskeln wahrscheinlich, an den unerhörtesten Stellen. Ich verdrängte den Gedanken daran, stolperte über den Innenhof, schälte mich aus den Gummistiefeln und stieà die Tür auf.
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