Sibirischer Wind by Ilja Albrecht

Autor:Ilja Albrecht
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
Tags: Thrillers
ISBN: 9783641122805
Herausgeber: Blanvalet Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2014-06-16T22:00:00+00:00

14

Der nächste Morgen begann mit einer unheimlichen Begegnung der dritten Art. Als er ins Büro kam, standen Enzo und Alenka einem näselnden Mann in einem teuren, aber schlecht sitzenden Anzug gegenüber. Seine beiden Untergebenen sahen ihn erleichtert an, offenbar froh, dass ein Vorgesetzter sie rettete.

»Norbert Möller, Ermittlungsleiter des BND«, stellte sich der Mann vor, ohne Kiran die Hand zu geben. »Wie ich Ihren etwas überforderten Mitarbeitern bereits zu erklären versucht habe, muss ich in Ihre bisherigen Ermittlungsergebnisse im Fall Lautenschläger Einsicht nehmen.«

»Guten Morgen. Verraten Sie mir doch bitte zunächst, warum Sie nicht den offiziellen Dienstweg nehmen und sich an Birte Halbach wenden? Sie ist die Leiterin hier im Haus.«

Möller wurde sofort laut.

»Es geht Sie einen Dreck an, warum und auf welche Weise wir unsere Informationen einholen. Aber wie Sie wollen. Ich verbinde Sie mit der Leitung meines Hauses.« Damit holte er sein Mobiltelefon hervor und wählte eine Nummer, während er Kiran böse anfunkelte.

Gestählt durch jahrelanges Training im Aikido, erkannte Kiran einen Verzweiflungsangriff, wenn er ihn sah. Daher erwiderte er nichts und wartete, bis Möller seine Nummer fertiggewählt hatte. Dann nahm er ihm das Telefon aus der Hand. Am anderen Ende meldete sich ein Bereichsleiter des BND, der jedoch keine Ahnung hatte, was Möller im BKA zu suchen hatte und auf Nachfragen Kirans hin zugeben musste, dass der BND nach wie vor nicht an den Ermittlungen beteiligt war. Das Telefonat wurde mit ausgesuchter Höflichkeit und Freundlichkeit von beiden Seiten beendet.

Möller war rot vor Wut angelaufen, die noch größer wurde, da er jetzt nicht nur klein beigeben, sondern sich auch noch entschuldigen musste. Wie bei dieser Sorte Mensch üblich, misslang dies vollkommen. Möller versuchte Kiran beiseitezunehmen, sich physisch zu nähern und schlug den vertraulichen Ton des Gleichgestellten an.

»Hören Sie, Mendelsohn … so war doch Ihr Name, oder? Das Credo in unserem Haus heißt Eigeninitiative. Wir bewegen uns selbständig und schnell, müssen Entscheidungen treffen. So wie ich jetzt, indem ich hierherkomme und von Ihrem Team Informationen verlange. Sie verstehen?«

»Ich verstehe, dass Sie sich hier frühmorgens hereinschleichen, in der Hoffnung, keinen Leiter, sondern nur Ermittler vorzufinden, die Sie bedrohen und einschüchtern können, um sich so widerrechtlich Informationen über unseren Ermittlungsstand zu verschaffen.«

»Moment mal, Sie sehen das falsch, ich …«

»Ich verstehe, dass Sie sich gerade eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht haben, Herr Möller. Ich werde nachprüfen, wie die genaue juristische Bezeichnung dafür lautet, bevor ich meinen Bericht abfasse«, sagte Kiran, ohne die Miene zu verziehen. Enzo hatte sich bereits abgewandt, mit seiner Beherrschung war es offensichtlich vorbei.

»Hören Sie, wozu wollen wir uns gegenseitig das Leben schwer machen, wir sind doch alle Profis. Solche Sachen kommen bei uns ständig vor, und normalerweise sehen die Kollegen das sportlich, als kleinen Wettkampf, Sie verstehen?«

Kiran verstand. »Sie möchten, dass ich davon absehe, Ihr anmaßendes Verhalten mit Ihren Vorgesetzten zu besprechen und dadurch Ihrer weiteren Karriere beim Bundesnachrichtendienst empfindlich zu schaden?« Kiran blickte ihm entspannt in die Augen. »Ich werde darüber nachdenken. Einen schönen Tag noch, Herr Möller.«

Mit diesen Worten entließ er den inzwischen schwitzenden Möller, der noch einmal nickte und sich eilig davonmachte.

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