Sherlock Holmes und sein schwierigster Fall by Lovisi Gary

Autor:Lovisi, Gary [Gary, Lovisi]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: BLITZ-Verlag
veröffentlicht: 2014-10-26T16:00:00+00:00

Kapitel 8

Apathie im Kerker

Die Tage und Nächte in meiner Zelle zogen sich dahin. Mycrofts Anwälte suchten mich auf und zogen alle Register, um eine gewiefte Verteidigung zu entwickeln, gaben mir jedoch gleichzeitig zu verstehen, dass meine Chancen der Indizien wegen gering waren. Ferner hegten auch sie gewisse Zweifel an meiner Unschuld, zumal ich kläglich wenig beizusteuern wusste, um ihre Arbeit zu erleichtern. Meine Ausführungen zu Gruner erachteten sie als marginal, weil sie ihrer Einschätzung nach nichts bargen, was meinen Freispruch erwirken mochte. Dies überraschte mich nicht, denn der Baron hatte augenscheinlich nichts dem Zufall überlassen, um mich als Schuldigen zu brandmarken.

Ich wusste weder ein noch aus und durfte kaum darauf hoffen, lebend aus diesem furchtbaren Fall herauszukommen. Die Boulevardzeitungen ergingen sich weiter in übertriebener Berichterstattung über den Mord an Watson und das anstehende Verfahren. Besonders misslich im Rahmen dieses Spektakels waren die Zitate, die aus dem Munde all meiner Feinde stammten. Dabei handelte es sich ausschließlich um Verbrecher, die ich hinter Gitter gebracht hatte. Diese Feiglinge muckten nun von sich aus auf, um steif und fest zu behaupten, sie hätten schon immer geahnt, ich sei ein Hochstapler mit zweifelhaften Methoden. Der allgemeine Tenor lautete: Meine angebliche Kombinationsgabe war blanker Hohn und Heuchelei. Dies traf mich schwer und zeigte erneut, dass der Baron hinter den Kulissen die Fäden zog.

Den Höhe- beziehungsweise Tiefpunkt erreichte die Verleumdungskampagne eines Morgens, als Colonel Sebastian Moran aus dem zerschlagenen Klüngel von Professor James Moriarty sein Schweigen in der Times brach. Dieser Mann spielte sich zum Militärhelden auf und war für mich längst der zweitgefährlichste Kriminelle Londons. Er behauptete, ich hätte mich unlauterer Tricks bedient und Hokuspokus betrieben, um dubiose Beweise hervorzubringen, deretwegen nun viele Unschuldige im Gefängnis säßen. Die Zeitung ließ Moran sogar selbst einen Artikel verfassen, den ich hier anfüge.

SHERLOCK HOLMES, EIN ERZSCHURKE!

Im Zusammenhang mit der Strafsache Sherlock Holmes – der Mann brachte sowohl seinen als auch meinen besten Freund um – komme ich nicht umhin, eine empörende Ungerechtigkeit anzusprechen. Es sei daran erinnert, dass dieser Teufel nie für den Tod des weithin bekannten und beliebten Universitätsprofessors James Moriarty geradestehen musste. Sherlock Holmes hetzte dieses akademische Genie in sein Grab. Er terrorisierte einen sympathischen und gutmütigen Professor in gesetztem Alter, der nie im Leben auch nur einem Menschen ein Haar gekrümmt hatte, und versuchte sogar, meinen erhabenen Ruf zu beschmutzen. Er als elender Halunke, wohingegen ich als Veteran und Kriegsheld gelte! Mit Freuden höre ich daher, dass Mr Holmes endlich seine wohlverdiente Strafe bekommt. Wir sollten froh darüber sein, dass wir ihn los sind. Ich werde seine Hinrichtung nicht verpassen. Ohne ein solches Monster in unserer Mitte wird die Welt eine viel bessere sein!

Ich warf die Zeitung auf den Zellenboden. Mycroft hatte sie mir dagelassen in der Annahme, die Ironie des Artikels hebe meine Stimmung, aber stattdessen wurde mir übel davon. Die Umstände schienen sich jeden Tag zu verschlimmern, und gerade wenn ich ein Ende absah, kam es noch schlimmer.

Shinwell Porky Johnsons Hinrichtung rückte näher, und eine Woche danach sollte der Mordfall Watson vor Gericht aufgerollt werden.

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