Sebastian Vettel. Die Biographie by Karin Sturm

Autor:Karin Sturm [Sturm, Karin]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Formel 1
Herausgeber: www.herbig-verlag.de
veröffentlicht: 2015-04-19T16:00:00+00:00

13. Wahlheimat Schweiz

Ein Rückzugsraum

Schon 2007, in der BMW-Sauber-Zeit, legt sich Sebastian Vettel einen Zweitwohnsitz zu. Weg aus dem Elternhaus in Heppenheim, das witzigerweise ausgerechnet in der Daimlerstraße steht, nach Walchwil im Schweizer Kanton Zug, wo er ein Apartment bezieht. Auf jeden Fall praktisch, um immer nahe beim Team in Hinwil zu sein. Mit steigendem Erfolg und wachsender Popularität gefällt ihm auch die relative Anonymität in der Schweiz, die Möglichkeit, dort recht normal und unbeobachtet leben zu können.

Aber im Laufe der Zeit entspricht das relativ kleine Apartment nicht mehr seinen Vorstellungen vom entspannten Zuhause, vom gemütlichen Nest für sich und Freundin Hanna. Er schaut sich um – und findet ab Ende 2009 etwas Schöneres, etwas, was seiner Vorliebe für Nähe zur Natur und Ruhe entgegenkommt: Die »Neumüli« in Ellighausen, einem winzigen Nest im Thurgau, mit einem großen, recht offenen Grundstück, über das auch schon mal ein paar Tiere aus den nahen Feldern und Wäldern ziehen, und einem Naturweiher. Bei allen Umbauarbeiten, ob in der Planung oder in der Praxis, hilft Papa Norbert – schließlich hat er als gelernter Zimmermann das entsprechende Fachwissen.

Vor Vettel lebten mehrere Generationen von Müllern in der 1729 erbauten Neumühle. Der letzte Müller war Hermann Wahrenberger, der sie bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1984 betrieb – als der Weltmeister sie kauft, gerät auch die Familie Wahrenberger kurz ins Blickfeld der Öffentlichkeit. »Die Mühle ist 1948 renoviert worden und war danach mit sehr moderner Technik ausgerüstet«, erzählt der Sohn Heinz Wahrenberger, der mit seinen zwei Schwestern in der Neumühle aufwuchs, dem Schweizer Tagblatt. »Das war wunderschön und sehr idyllisch. Wir waren dort für uns. Als Kinder konnten wir uns an den Bächen, in den Wäldern und an den Weihern vergnügen.« Wie sein Vater habe auch er das Müller-Handwerk erlernt, den Betrieb dann allerdings nicht übernommen: »Er war mit einer Leistung von 200 kg/h zu klein. In den 80er-Jahren entwickelten sich die Mühlen zu richtigen Industriebetrieben. Wir hätten umbauen müssen. Doch die Investitionskosten waren zu hoch.« So verkaufte die Familie die Mühle 1987 an die Bankiersfamilie Bär – ehe dann Vettel der neue Besitzer wurde.

Wälder, Obstgärten, vereinzelte Bauernhöfe bestimmen das Bild, keine Kirche, keine Schule, nicht einmal ein Restaurant hat der kleine Ort Ellighausen mit seinen 145 Einwohnern aufzuweisen – dafür eine gehörige Portion gute, saubere Landluft. Er liegt im Kemmental, in der nordöstlichen Ecke der Schweiz, der Name kommt vom Flüsschen Kemme. Es gibt dem Landstrich zwischen Kreuzlingen und Weinfelden den Namen – und auch dem Zusammenschluss von acht kleinen Ortschaften, zu denen eben auch Ellighausen gehört.

Genauso wie Siegershausen, wo Richard Reisch die »Centralgarage«, Tankstelle und Autowerkstatt in einem, führt. Zu ihm kommen sie alle, Fans und Journalisten, die auf Spurensuche in Sachen Vettel sind. Spätestens seitdem er in einem Beitrag des Schweizer Fernsehens über den Wohnsitz des Weltmeisters auftauchte. Manchmal tankt Vettel bei ihm, manchmal sieht er ihn dabei auch. Aber nicht immer, denn er hat eine automatische Zapfanlage, ständiges Personal an einer Kasse würde sich bei dem wenigen Betrieb nicht lohnen. »Wenn ich ihn sehe, dann grüße ich ihn.

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