Schwarzer Mittwoch by Nicci French

Schwarzer Mittwoch by Nicci French

Autor:Nicci French [French, Nicci]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2014-01-10T23:00:00+00:00


33

Frieda wanderte langsam nach Hause. Sie spürte, wie die Wärme in ihren Körper sickerte, und hörte das leise Tappen ihrer Schritte auf dem Gehsteig. Die Gesichter der Leute, die sich auf sie zu und dann an ihr vorbei bewegten, nahm sie nur verschwommen wahr. Sie sah sich selbst wie von außen. Die Gedanken, die ihr in den Sinn kamen, schienen zu einer anderen Person zu gehören. Frieda wusste, dass sie nach all den unruhigen Nächten und wirren Träumen einfach müde war.

Sie ging nicht schnurstracks heim, sondern bog ab, um sich eine Weile in Lincoln’s Inn Fields niederzulassen, einer kleinen Grünanlage mit blühenden Obstbäumen und Beeten voller Tulpen, die gerade erst dabei waren, ihre Blütenkelche zu öffnen. Um die Mittagszeit saßen dort oft scharenweise Anwälte in schicken Anzügen und ließen sich ihr mitgebrachtes Essen schmecken. Doch nun war es ruhig, mal abgesehen von zwei jungen Frauen, die auf dem Tennisplatz am anderen Ende ein Match austrugen. Frieda lehnte sich mit dem Rücken an eine der alten Platanen, einen Baum mit gewaltigem Umfang und fleckiger Rinde. Sie schloss die Augen und hielt das Gesicht in die Sonnenstrahlen, die durch das Laub fielen. Vielleicht sollte sie Sandys Rat befolgen und nach New York ziehen, wo sie in Sicherheit wäre und mit dem Mann leben könnte, den sie liebte – und der ihre Liebe erwiderte und sie auf eine Weise kannte wie noch kein Mensch vor ihm. Doch dann wäre es ihr nicht mehr möglich, im Schatten dieses schönen alten Baums zu sitzen und zu genießen, wie der Tag langsam in den Abend überging.

Als sie sich schließlich wieder erhob, stand die Sonne bereits sehr tief, und die Luft wurde allmählich kühl. Sehnsüchtig dachte sie an ihre Badewanne. Da fiel ihr Chloë ein, und sie holte ihr Handy heraus.

Olivias Stimme klang brüchig. Frieda fragte sich, ob sie getrunken hatte.

»Ich nehme an, Chloë hat dir alle möglichen schrecklichen Lügen über mich erzählt.«

»Nein.«

»Du brauchst gar nicht so zu tun, als hättest du keine Ahnung. Keiner braucht so zu tun. Ich weiß genau, was ihr alle von mir denkt.«

»Keine Sorge, ich …«

»Was für eine schlechte Mutter. Was für eine Chaotin. Mit der wollen wir nichts mehr zu tun haben.«

»Jetzt lass es gut sein, Olivia!« Frieda hörte selbst, wie schroff und streng ihre Stimme klang. »Du hast ein Problem, über das du dich mal mit jemandem unterhalten musst, so viel ist klar. Aber ich rufe dich nicht an, weil ich nichts mehr mit dir zu tun haben will, sondern weil ich mit dir über Chloë sprechen will.«

»Sie hasst mich.«

»Nein, sie hasst dich nicht. Trotzdem ist es wahrscheinlich ganz gut, wenn sie mal ein paar Tage bei mir bleibt, bis du wieder in Ordnung bist.«

»Du redest, als wäre ich eine Sockenschublade.«

»Sagen wir, eine Woche.« Als sie an ihr ordentliches Heim dachte, ihren sicheren Hafen, wo nun Chloë mit ihrem Chaos und ihrem Hang zur Dramatik hauste, überfiel sie fast so etwas wie Panik. »Ich komme morgen Abend bei dir vorbei, dann können wir über alles reden und gemeinsam eine Art Aktionsplan aufstellen.



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