Schroeder, Rainer M. by Das Geheimnis der weißen Mönche

Schroeder, Rainer M. by Das Geheimnis der weißen Mönche

Autor:Das Geheimnis der weißen Mönche [Mönche, Das Geheimnis der weißen]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-10T13:21:01+00:00


Jakob stellte sich an die Seite der Bühne, neben einen der bemalten Kastenwagen, und bewunderte die artistischen Kunststücke der Männer und Frauen, die mit einem Salto vorwärts und rückwärts durch Feuerreifen sprangen, mit Fackeln jonglierten und mit verbun-denen Augen über das Seil balancierten, das sie zwischen zwei Wagen rechts und links von der Bühne gespannt hatten.

Ihm fiel dabei ein Mädchen auf, das in einem Kostüm aus gold-gelben Pumphosen, veilchenblauer Schärpe und einem engen, mohn-roten Mieder steckte und herrlich schwarzes, blau schimmerndes Haar besaß. Das Mädchen hatte ein liebreizendes Gesicht und eine anmutige Figur und sie bewegte sich bei den Saltos durch die Feuerreifen ebenso behände wie furchtlos. Bei all den anderen atemberau-benden Kunststücken zeigte sie jedoch deutliche Anzeichen von Unsicherheit. Zweimal sah es so aus, als würde sie im nächsten Moment vom Seil stürzen, und sie rettete sich nur dadurch, indem sie sich von der Augenbinde befreite, was Angehörige ihrer Truppe zu einem ärgerlichen Zischen veranlasste. Und beim gefährlichen Jong-lieren mit den Pechfackeln unterlief ihr ein Missgeschick, das beinahe zu einem Brand geführt hätte.

Das Mädchen warf ihre Fackeln schwungvoll vor sich in die Luft, machte auf den Brettern eine blitzschnelle Rolle vorwärts, sprang auf-und sollte die lodernden Fackeln nun wieder auffangen. Bei der einen gelang es ihr auch. Doch ihre linke Hand verfehlte den richtigen Zeitpunkt oder die richtige Stellung. Auf jeden Fall fiel das geriffelte Ende der Fackel nicht in ihre geöffnete Hand, sondern sie stieß mit den Fingerspitzen gegen den Holzstab – und schleuderte die Fackel damit von sich.

Die brennende Fackel flog von der Bühne, traf Jakob vor die Brust und fiel neben ihm auf einen Stoß Decken und Tücher, die dort auf der Treppe des Kastenwagens für eine andere Nummer bereitla-gen. Sofort fingen sie Feuer, als sie mit dem lodernden Pech in Be-rührung kamen.

Jakob reagierte, ohne zu überlegen. Mit der einen Hand riss er die Fackel hoch, während er mit der anderen die brennenden Tücher von der Treppe fegte. Er hörte wütende und aufgeregte Schreie und versuchte die Flammen auszutreten. Im nächsten Moment waren andere Männer zur Stelle und halfen ihm. Dann klatschte ein Eimer Wasser in die Flammen – und über Jakobs Füße.

»Danke für Euer beherztes und schnelles Eingreifen. Margas Fehler hätte schwer ins Auge gehen können!«, sagte einer der Artisten und nahm ihm die Fackel ab.

»Gern geschehen«, antwortete Jakob, während sein Blick das Mädchen suchte, deren Namen Marga war. Er sah gerade noch, wie ein hoch gewachsener Mann mit einem dichten, schwarzen Schnurr-bart ihr eine schallende Ohrfeige gab, was die Zuschauer mit scha-denfrohem Gelächter und Gejohle bedachten, und sie mit einer wü-

tenden Gebärde von der Bühne stieß. Augenblicklich verschwand das Mädchen zwischen den Wagen, die hinter der Bühne standen.

Sie tauchte nicht wieder auf.

Jakob trieb sich noch eine Weile zwischen den Zelten, Ständen und Bretterbühnen der Zigeuner und Schausteller herum. Dann setzte er seinen Streifzug durch die Stadt fort. Er wollte unbedingt einen Blick auf das kurfürstliche Palais sowie auf die uralten römischen Thermen und das Amphitheater werfen, von dem Bruder Basilius ihm erzählt hatte. Auch die gewaltigen Stadttore wie die Porta Nigra wollte er sich gern anschauen.



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