Schokolade zum Verzehren by Miranda J. Fox

Autor:Miranda J. Fox [Fox, Miranda J.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Miranda J. Fox
veröffentlicht: 2015-10-13T16:00:00+00:00

8

„Danke für die Einladung, das war ein wundervoller Tag.“ Ich drückte erst Esta, dann Lily und zum Schluss die kleine Rose an mich, die mir einen unerwarteten Kuss auf die Wange gab.

„Bis Montag“, sagte sie, dann wurde sie von ihrer Mutter in die Arme gezogen und die Tür wurde geschlossen. Es dämmerte bereits, als ich durch den Vorgarten schritt. Ich konnte die Sonne am Horizont Zentimeter um Zentimeter sinken sehen, und die Temperaturen waren ebenfalls gefallen. Ich gab der Sonne noch eine halbe Stunde, dann würde sie vollkommen von der Dunkelheit verschluckt worden sein und die Sterne in den Vordergrund rücken.

Was für eine hinreißende Familie dachte ich auf dem Weg zur Bushaltestelle. Abgesehen davon, dass Rose ohne Vater aufwuchs, lebten sie in einer glücklichen Gemeinschaft und das konnte nicht jeder von sich behaupten – meistens nicht einmal Familien, die nach außen hin intakt wirkten. Und obwohl ich sie natürlich dafür bedauerte, denn auch ich war den Großteil meines Lebens vaterlos gewesen, war es irgendwie tröstend, dass sie ein ähnliches Schicksal teilten.

Mein Vater hatte vielleicht kein offizielles Verbrechen begangen und war hinter Gittern gelandet, aber wenn man mich fragte, war sein plötzliches Verschwinden nicht weniger grausam gewesen. Natürlich stand es jedem Menschen frei, seine eigenen Entscheidungen zu treffen und vielleicht hatte er sogar plausible Gründe für sich gehabt, aber verzeihen würde ich ihm trotzdem nicht – niemals.

Während der Busfahrt ließ ich meine Gedanken schweifen. Die Stirn an die Scheibe gelehnt betrachtete ich die unzähligen Häuser mit ihren gepflegten Gärten und den Menschen, die sich darin bewegten. Alles sah so friedlich und ruhig aus, wenn man es aus der Ferne betrachtete, dabei war die Realität meistens eine ganz andere, wie ich nun begriff.

Das, was ich heute über Roses Vater erfahren hatte, machte mir deutlich, dass ich bei Weitem nicht die Einzige in Edlyn Hill war, die an ihren Familienverhältnissen zu knabbern hatte. Natürlich war ich nicht so naiv gewesen, anzunehmen, mich allein würden familiäre Probleme plagen, aber lange Zeit hatte ich geglaubt, dass man es nicht schlimmer hätte treffen könnte – das war ein Irrtum.

Wer wusste schon, welche Geheimnisse und Probleme hinter den weiß schimmernden Häuserwänden brodelten? Man musste sich nur mal die Hawkeys ansehen, die den wohl größten Skandal der Kleinstadtgeschichte geliefert hatten, als es vor einigen Monaten hieß, Samuels Frau hätte versucht, ihn zu ermorden.

Niemand hatte glauben wollen, dass sich solch eine Gräueltat in der sonst so friedlichen Kleinstadt abgespielt haben könnte, bis das Fernsehen im Minutentakt davon berichtet und es auch der Letzte geglaubt hatte. Nach dem ganzen Trubel war es absolut nachvollziehbar, dass sich Sam und Liz für eine Weile ins Ausland abgesetzt hatten – das hätte ich auch gern getan. Einfach für ein paar Wochen abschalten und das Geschehene hinter mir lassen.

Doch wie sich herausgestellt hatte, lebten nicht nur die Hawkeys oder Lily in verkorksten Familienverhältnissen. Man nehme nur einmal Kyle, der sich mit seinem kriminellen Zwillingsbruder herumplagen musste, was sicher auch nicht leicht war. Probleme gab es überall, ich war also wahrlich nicht die Einzige, die eine schwere Last zu tragen hatte.

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