Schicksal aus zweiter Hand by Heinz G. Konsalik

Schicksal aus zweiter Hand by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-29T04:00:00+00:00


Die Nachrichten von der Ostfront wurden schlechter und damit spärlicher. Die deutschen Truppen gingen zurück … schon überflutete der Russe Polen … Warschau wurde zurückerobert … von Leningrad gingen dunkle Meldungen nach Ostpreußen … Der Russe marschierte auf Riga … die Umklammerung der deutschen Armee ist nicht aufzuhalten. Ostpreußen wird wieder Kriegsgebiet.

Das Russengespenst stand vor der Tür. Wie 1914 sah ganz Ostpreußen auf den Kriegsschauplatz vor seinen Grenzen. Kommt der Russe? Werden wir ihn aufhalten können?

In Königsberg wurde geschanzt. Panzersperren entstanden auf den Landstraßen, der Volkssturm wurde aufgerufen. Gauleiter Koch schrie durch den Königsberger Sender … die ersten Hinrichtungen wegen Feigheit vor dem Feind fanden statt. Eine hektische Betriebsamkeit durchzitterte das Land, der eine lähmende Erwartung und eine stumme, verbissene Beobachtung folgten. Der Russe im Anmarsch! Würde Ostpreußen sterben?

Gab es wieder einen Hindenburg und Ludendorff, die die Russen aus dem Land jagten und Ostpreußen retteten?

Gab es eine Hoffnung?

In Angerburg wurde heimlich gepackt. Es mußte heimlich gehen, denn Gauleiter Koch brüllte durch den Rundfunk: Wer jetzt in der schwersten Zeit Deutschlands seinen Posten verläßt, ist ein Feigling und wird als ein solcher behandelt werden!

Das Todesurteil für etwa drei Millionen Menschen.

Für Frauen, Mütter, Kinder, Greise.

Drei Millionen bange Herzen, dreimillionenmal Angst: Kommt der Russe …?

Über Ostpreußen fluteten die deutschen Divisionen hinweg. Zuerst nach Osten – wenig später zurück nach Westen.

Treck auf Treck. Panzer, Lastwagen, Artillerie, Infanterie.

Zug nach Zug durchrollte die weiten Felder und Weiden. Ein Heer von Verwundeten füllte die kleinen Bahnhöfe mit Stöhnen und dem Gestank tagelang nicht gewechselter Verbände.

Die ersten russischen Bombergeschwader tauchten am blauen Himmel Ostpreußens auf. Sie beharkten die Straßen, sie bombardierten die Schienenwege, sie zerhämmerten die Festungen.

Wo kamen sie her? Sagte nicht Göring: Es gibt keine russische Luftwaffe mehr? Sagte nicht Hitler: Rußlands Kraft ist ein für allemal gebrochen! Das russische Heer befindet sich in völliger Auflösung. Sagte nicht Goebbels: Die russische Dampfwalze ist zerbrochen?!

Wo kommen sie bloß her? Woher bloß?

Gauleiter Koch, der ›König von Polen‹, gab seine Tagesbefehle heraus.

Bis zur letzten Patrone! Bis zum letzten Mann! Bis zur letzten Straßenecke! Verbrannte Erde! Der Sieg wird unser sein!

Wenn er gesprochen hatte, fuhr er auf eines seiner Güter, soff sich voll wie ein Schwein und befahl wie ein arabischer Fürst die Mädchen reihenweise in sein Bett.

Kommt der Russe? Was wird aus Ostpreußen?

In Ostpreußen lag das Führerhauptquartier. Die ›Wolfsschanze‹. Wird der Führer flüchten?

In Angerburg saß Freifrau v. Knörringen jeden Abend hinter dicken Plüschvorhängen vor dem leise gestellten Radio und hörte den Londoner Sender. Sie wußte, daß darauf die Todesstrafe stand, aber sie hörte ihn doch, weil die Meldungen aus London den Stand der Dinge wiedergaben, wie sie in Wahrheit lagen.

Die sowjetrussische Armee des Marschalls Konjew im Anmarsch auf Litauen. Marschall Sokolowski bricht bei Warschau durch. Deutsche Truppen werden an der Südfront nach Ungarn weggedrängt!

Gauleiter Koch im Reichssender Königsberg: »Königsberg wird eine Festung sein, die nie kapitulieren wird! Sie wird das Fanal des Sieges werden! Es lebe der Führer!«

Durch die Straßen der ostpreußischen Städte ziehen die Volkssturmmänner. Greise und Kinder. Mit Karabinern, Beutewaffen aus Belgien und Holland, deren Schlösser klapperten und deren Läufe ausgeleiert sind.



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