Schatten über dem Tegernsee by Witzmann Victoria

Schatten über dem Tegernsee by Witzmann Victoria

Autor:Witzmann, Victoria [Witzmann, Victoria]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783960412069
Herausgeber: Emons
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


SIEBEN

Kiki war zwar immer noch auf der Intensivstation, aber er saß aufrecht im Bett, stocherte mit der Gabel in einem Stück Kuchen und sah aus, als hätte ein Pferd auf ihm Polka getanzt. »Hallo«, sagte er, »jetzt haben wir es, wie es scheint, amtlich.«

»Was meinst du?«, fragte Annabelle und hoffte, dass ihr Bruder nicht merkte, wie erschrocken sie über sein Aussehen war.

»Dass Karin tot ist«, sagte er leise.

»Wie kommst du darauf?«

»Denk nach, Schwester, niemand hätte bei mir nach dem Bild gesucht, wenn Karin leben würde und es bei sich hätte.«

»Kiki, hat Karin je andere Kunsthändler erwähnt, mit denen sie zusammenarbeitet?«

Kiki Winter lehnte sich zurück ins Kissen und schloss die Augen.

Ich habe ihn überfordert mit meiner Frage, dachte Annabelle schuldbewusst und erhob sich leise.

»Warum stehst du auf? Ich denke nur nach. Ja, sie hat ein paar Male einen Galeristen erwähnt, mit dem sie vielleicht ins Geschäft kommen wollte. Der Name fällt mir nur nicht ein.«

Annabelle sah, dass ihm plötzlich der Schweiß auf der Stirn stand. Sie klingelte nach der Schwester, die in weniger als dreißig Sekunden im Zimmer stand. Mit einem Blick erfasste die Schwester die Situation, rief per Funk den Arzt und streifte Annabelle mit einem harten Blick. »Haben Sie Herrn Winter aufgeregt? Sie wissen, dass er völlige Ruhe braucht.«

Annabelle wartete auf dem Flur, bis der Arzt das Zimmer verließ. »Wie geht es meinem Bruder?«

»Nicht so schlecht«, antwortete der Mediziner, »aber belastende Gespräche darf er nicht führen. Er hatte ein unglaubliches Glück, ist um ein halbes Haar am Schädelbasisbruch vorbeigeschlittert.« Er sah Annabelle direkt ins Gesicht. »War Ihr Bruder allein, als der Unfall passierte?«

Annabelle nickte.

»Tja, was so eine wild gewordene Tischkante alles anrichten kann«, sagte der Arzt mit einem sarkastischen Unterton und verschwand grußlos im Krankenzimmer gegenüber.

Elly saß am Schreibtisch und wühlte in Papieren. »Wir nähern uns der heißen Phase«, sagte sie statt einer Begrüßung. Carlo hatte es sich auf ihrem Schoß derartig gemütlich gemacht, dass es nicht in Frage kam, Annabelle intensiver als mit einem kräftigen Schwanzschlagen auf Ellys Knie zu begrüßen.

»Wenn du meinst, was ich denke, dass du meinst, dann müssen wir uns warm anziehen«, sagte Annabelle und setzte sich.

»Ich hatte vorvorgestern bei der Kfz-Verwahrstelle der Polizei angerufen, um mich zu vergewissern, dass Karins Porsche noch dort steht. Komm, wir schauen ihn uns vor Ort genauer an.«

Ellys Leidenschaft für schnelles Fahren in ihrer Rakete von einem Sportwagen brachte Annabelle, wann immer sie gezwungen war, dabei neben ihrer Seniorpartnerin zu sitzen, an den Rand der Verzweiflung. Mehrmals schon hatte sie Elly gebeten, anzuhalten, und war mit weichen Knien ausgestiegen, um mit dem Taxi weiterzufahren. Wenn sie gemeinsam unterwegs waren und Elly am Steuer saß, war ein handfester Krach die Regel. »Wir sind nicht auf dem Nürburgring, und du bist auch kein Niki Lauda«, schrie Annabelle dann durch das Aufheulen des Motors hindurch und drohte auszusteigen. Jedes Mal.

Wie zum Schafott schleppte sich Annabelle ins Freie. Hinter ihr, dicht an dicht, Elly und Carlo, der ganz offensichtlich besonders gründlich gebürstet worden war. Er sah sehr appetitlich aus und schien sich auch so zu fühlen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.