Satori by Don Winslow

Satori by Don Winslow

Autor:Don Winslow
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-641-05699-5
Herausgeber: Heyne Verlag


88

»Seit wann kennen Sie meine wahre Identität?«, fragte er Yu.

»Wir wussten schon Bescheid, bevor Sie nach Peking kamen«, antwortete dieser. Er ratterte Nikolais Geschichte herunter – angefangen bei seiner Geburt in Schanghai, seinem Umzug nach Japan, der Ermordung Kishikawas, der Folter und Gefangenschaft durch die Amerikaner.

Die Chinesen wussten scheinbar alles. Nikolai konnte nur hoffen, dass sie nicht erkannt hatten, in welcher Beziehung er zu dem kürzlich verstorbenen Juri Woroschenin stand.

»Bin ich ein Gefangener?«, fragte Nikolai.

»Mir wäre es lieber, Sie würden sich als Gast betrachten.«

»Darf der Gast aufstehen und gehen?«

»Die Frage ist rhetorischer Natur«, erwiderte Yu. »Sie sind gar nicht in der Lage aufzustehen, geschweige denn irgendwohin zu gehen. Und selbst wenn, Sie können nirgendwohin. Man sucht Sie überall, Mr. Hel. Wahrscheinlich ist dies der einzige Ort auf der Welt, an dem Sie sicher sind.«

Eine leider äußerst präzise Zusammenfassung seiner Situation, dachte Nikolai, an der sich seit dem Mord an Kishikawa-sama nichts geändert hatte. Die Orte und Umstände unterschieden sich, die grundlegenden Fakten jedoch nicht.

Ich bin ein Gefangener.

Er hörte Kishikawas Stimme. Wenn dir keine Wahl mehr bleibt, so ist es ehrenhaft, die Gefangenschaft zu akzeptieren, obgleich du seppuku in Betracht ziehen magst. Aber du hast Alternativen.

Welche?

Nikko, das musst du selbst herausfinden. Nimm das go-kang. Wenn du in der Falle sitzt und keinen Ausweg siehst, dann schaffe dir einen.

Bitte, Kishikawa, wie?

Es ist dein Spiel, Nikko. Du musst selbst spielen, niemand kann dir das abnehmen.

»Sie wollten Woroschenin tot sehen«, sagte Nikolai und wagte sich damit einen Schritt vor.

»Offensichtlich.«

»Damit es zum Zerwürfnis mit den Sowjets kommt.«

Yu nickte.

»Und Sie haben mich aus dem Hinterhalt der Amerikaner gerettet, weil …«

»Wie oft bekommen wir schon Gelegenheit, einen amerikanischen Agenten festzusetzen, der derart motiviert sein dürfte zu kooperieren?«, fragte Yu. »Ich bin sicher, Sie können uns Auskunft geben über Namen, Orte und Operationen. Schließlich waren Sie bereit, sich von uns retten zu lassen.«

Hel hatte die Warnung des Mönchs verstanden und ihm dies auch signalisiert, wie ein ertrinkender Mann, der nach der Rettungsleine greift. Natürlich wusste er, dass er den Preis dafür würde bezahlen müssen.

Nikolai sagte: »Ich werde Ihnen nichts sagen.«

»Die Amerikaner haben Sie hintergangen«, entgegnete Yu. »Warum sollten Sie zögern, sie Ihrerseits zu verraten?«

»Deren Ehrlosigkeit ist allein ihre Sache«, erwiderte Nikolai. »Ich müsste mit meiner Ehrlosigkeit selbst fertigwerden.«

»Wie japanisch.«

»Das verstehe ich als Kompliment«, sagte Nikolai. Er versuchte sich aufzusetzen, aber die Anstrengung war qualvoll und schmerzhaft. »Ich werde nicht zum Informanten werden, aber ich werde die Amerikaner zwingen, sich an die Vereinbarung mit mir zu halten.«

»Und wie wollen Sie das bewerkstelligen?«, fragte Yu und amüsierte sich über den verwundeten Mann, der sich nicht mal auf den Beinen halten konnte.

Und doch war da etwas in Hels Augen, das Yu Anlass gab, ihm zu glauben.



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