Sara Linton 01 - Tote Augen by Karin Slaughter

Sara Linton 01 - Tote Augen by Karin Slaughter

Autor:Karin Slaughter [Slaughter, Karin]
Die sprache: deu
Format: mobi, azw3
Herausgeber: Blanvalet
veröffentlicht: 2011-09-13T22:00:00+00:00


14. Kapitel

Faith ging in der Lobby der XAC Homage auf und ab, der Designfirma mit dem lächerlichen Namen, in der Pauline McGhee arbeitete. Die Büros befanden sich im dreizehnten Stock des Symphony Tower, einer architektonischen Peinlichkeit von Wolkenkratzer, der an der Ecke Peachtree und Fourteenth Street aufragte wie ein gigantisches Spekulum. Faith schüttelte sich bei diesem Vergleich. Sie musste daran denken, was sie in Jacquelyn Zabels Autopsiebericht gelesen hatte.

Passend zur Großspurigkeit des Namens war die vollverglaste Lobby ausgestattet mit sehr niedrigen Couchen, auf denen man unmöglich sitzen konnte, ohne entweder jeden Muskel im Arsch anzuspannen oder sich so hineinzulümmeln, dass man ohne Hilfe nicht mehr aufstehen konnte. Faith hätte sich fürs Lümmeln entschieden, wenn sie keinen Rock tragen würde, der schon zum Hochrutschen neigte, auch wenn sie nicht dasaß wie eine Gangsterhure in einem Rap-Video.

Sie war hungrig, wusste aber nicht, was sie essen sollte. Das Insulin ging ihr langsam aus, und sie wusste noch immer nicht so recht, ob sie die Dosierung korrekt berechnete. Sie hatte noch keinen Termin bei der Ärztin gemacht, die Sara Linton empfohlen hatte. Ihre Füße waren angeschwollen, und ihr Rücken brachte sie um, und sie wollte den Kopf gegen die Wand stützen, weil sie nicht aufhören konnte, an Sam Lawson zu denken, sosehr sie sich auch anstrengte. Und außerdem, wenn sie an die Seitenblicke dachte, die Will ihr immer wieder zuwarf, beschlich sie die Befürchtung, dass sie sich aufführte wie eine Verrückte.

»O Gott«, murmelte Faith und drückte die Stirn an die Verglasung der Lobby. Warum machte sie nur die ganze Zeit so viele Fehler? Sie war doch nicht blöd. Oder vielleicht war sie es doch. Vielleicht hatte sie sich all die Jahre nur etwas eingeredet und war tatsächlich einer der dümmsten Menschen auf der Erde.

Sie schaute hinunter auf die Autos, die über die Peachtree Street krochen, Ameisen, die über den schwarzen Asphalt huschten. Letzten Monat hatte Faith in der Praxis ihres Zahnarztes einen Artikel gelesen, der postulierte, Frauen seien genetisch dazu bestimmt, sich an die Männer zu klammern, mit denen sie Sex hatten, und zwar mindestens drei Wochen lang, weil der Körper so lange brauche, um herauszufinden, ob er schwanger ist oder nicht. Damals hatte sie gelacht, weil sie sich noch nie an Männer geklammert hatte. Zumindest nicht nach Jeremys Vater, der den Staat verlassen hatte, als Faith ihm gesagt hatte, dass sie schwanger sei.

Und doch schaute sie alle zehn Minuten auf ihr Handy und in ihre E-Mails, weil sie mit Sam reden, herausfinden wollte, wie es ihm ging oder ob er sauer auf sie war – als wäre das, was passiert war, ihre Schuld. Als wäre er so ein wunderbarer Liebhaber gewesen, dass sie nicht genug von ihm kriegen konnte. Sie war bereits schwanger; es konnte also nicht ihre genetische Veranlagung sein, die sie sich aufführen ließ wie ein törichtes Schulmädchen. Aber vielleicht waren es doch die Gene. Oder vielleicht war sie nur ein Opfer ihrer Hormone.

Vielleicht sollte sie ihre wissenschaftlichen Informationen aber auch nicht aus dem Ladies Home Journal beziehen.

Als Faith den Kopf drehte, sah sie Will in der Aufzugsnische.



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