Sagen von der Alhambra by Washington Irving

Sagen von der Alhambra by Washington Irving

Autor:Washington Irving [Irving, Washington]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
veröffentlicht: 2011-03-30T22:00:00+00:00


Sage von den zwei verschwiegenen Statuen

In einem öden Gemache der Alhambra wohnte einst ein lustiger kleiner Bursche, Namens Lope Sanchez, der in den Gärten arbeitete und so munter und lebendig war wie ein Grashüpfer und den ganzen Tag sang. Er war das Leben und die Seele der Veste. Wenn seine Arbeit vollbracht war, saß er auf einer der steinernen Bänke der Esplanade, klimperte auf seiner Guitarre und sang lange Lieder auf Cid und Bernardo del Carpio und Fernando del Pulgar und andere spanische Helden, zur Unterhaltung der alten Soldaten der Veste, oder er schlug einen fröhlicheren Ton an und ließ die Mädchen Boleros und Fandangos tanzen.

Wie die meisten kleinen Leute hatte Lope Sanchez eine große dralle Person zur Frau, welche ihn fast in ihre Tasche stecken konnte; allein das gewöhnliche Loos der Armen war ihm nicht zu Theil geworden, – statt zehn Kinder hatte er nur eines. Es war ein kleines, schwarzäugiges Mädchen von zwölf Jahren, Sanchica genannt, so lustig wie er und die Freude seines Herzens. Sie spielte um ihn, wenn er in dem Garten arbeitete, tanzte zu den Tönen seiner Guitarre, wenn er im Schatten saß, und lief so wild wie ein junges Reh in dem Gebüsch, den Alleen und den verfallenen Sälen der Alhambra umher.

Es war jetzt St. Johannes-Abend, und die feiertagfrohen Plaudermäuler der Alhambra, Männer, Weiber und Kinder, kamen mit der Nacht den Sonnenberg, der sich über das Generalife erhebt, herauf, um auf dem abgeplatteten Gipfel ihre Mitte-Sommer-Nachtwache zu feiern. Es war eine glänzende Mondscheinnacht, und alle Berge waren grau und silbern, und die Stadt lag mit ihren Kuppeln und Kirchthürmen im Schatten drunten, und die Vega glich einem Feenland mit bezauberten Bächen, welche aus dem düstern Laubwerk hervorglänzten. Auf der höchsten Höhe des Berges zündeten sie, nach einer alten Landessitte, die sich von den Mauren herschrieb, Freudenfeuer an. Die Bewohner der umliegenden Gegend hielten eine ähnliche Nachtwache, und auf der Vega und den Seiten der Berge entlang glänzten da und dort Feuer blaß empor.

Lope Sanchez, der nie vergnügter war als bei einer Festlichkeit dieser Art, spielte Guitarre, man tanzte dazu, und der Abend verging sehr heiter. Während getanzt wurde, spielte die kleine Sanchica mit einigen ihrer Genossinnen in den Trümmern einer alten maurischen Veste, welche den Berg krönt, und fand, während sie Steinchen in dem Graben suchte, eine kleine, sorgfältig in Gagat geschnittene Hand, die Finger geschlossen und den Daumen fest auf sie gedrückt. Ueberfroh über ihr Glück, lief sie mit ihrem Funde zu der Mutter. Er wurde sogleich ein Gegenstand klugen Nachdenkens, und Manche betrachteten ihn mit abergläubischem Mißtrauen. »Wirf’s weg«, – sagte der Eine, – »es ist maurisch, – sei überzeugt, da ist Unheil und Hexerei dabei.« – »Ich dachte!« sagte ein Anderer; »geh hin und verkauf’ es den Juwelieren des Zacatins.« Mitten in dieser Verhandlung trat ein dunkelbrauner, alter Soldat herzu, der in Afrika gedient hatte und einem Mohren glich. Er untersuchte die Hand mit einem Kennerblick. »Ich habe Dinge dieser Art bei den Mauren der Berberei gesehen«, sagte er: »es ist



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