Sabine geht: Abschied und Neustart einer Kommissarin (German Edition) by Holbe Daniel
Autor:Holbe, Daniel [Holbe, Daniel]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426432297
veröffentlicht: 2013-12-04T16:00:00+00:00
»Dein Kaffee wird ganz kalt«, murmelte Hedi und deutete auf die Tasse, aus der sie kaum etwas getrunken hatte.
»Du hast recht, ein paar Minuten sollte ich mir gönnen.« Sabine lächelte sie an. Sie warf einen Blick auf ihr Handy, denn es befand sich keine Uhr mehr in Sichtweite. Noch über eine Stunde, stellte sie erleichtert fest, bis Michael mit dem gemieteten Transporter kommen sollte.
Mit geschürzten Lippen nippte sie und kommentierte anschlieÃend: »Mensch, damit kann man ja Tote erwecken.« Ein Gedanke schoss ihr blitzartig in den Kopf, und sie grinste breit. »Das wäre der Untergang der Mordkommission, wenn es so wäre.«
»Wie?«
»Na, Kaffee, der Tote erwecken kann. Vergiss es, war nur so dahingesagt.«
»Warum gibt es in Bad Vilbel eigentlich erst jetzt eine Mordkommission?«, fragte Hedi stirnrunzelnd. »Gab es vorher keine Morde, oder gibt es plötzlich so viele mehr?«
»Weder noch«, setzte Sabine an, überlegte kurz und fuhr dann fort: »Aber Bad Vilbel ist die gröÃte Stadt im Wetteraukreis, und gemeinsam mit Karben reden wir immerhin von fünfzig- oder sechzigtausend Einwohnern. Dazu kommen nicht wenige Gewaltdelikte, die von Frankfurt herüberschwappen. Die nächste Kriminaldirektion ist in Friedberg, also im ungünstigsten Fall eine halbe Stunde Fahrt entfernt. Das versucht man mit den neuen Stellen zu kompensieren, na ja, und wenn es sich hinterher in der Kriminalstatistik positiv auswirkt, prima.«
»Und wenn nicht?«
»Hmm.« Sabine schluckte. Dieser Frage stellte sie sich nur ungern, denn im Grunde gab es genau zwei Alternativen, und beide gefielen ihr nicht besonders. »Zurück nach Frankfurt oder vermutlich eher zur Kriminalpolizei nach Friedberg«, antwortete sie knapp, »aber ich rechne nicht damit, dass die Stellen wieder gestrichen werden.«
Bevor Hedwig Kaufmann nachhaken konnte, meldete sich das Mobiltelefon ihrer Tochter lautstark. Sabine erkannte den Anrufer auf dem Display und verdrehte die Augen.
»Auch das noch«, stieà sie hervor, als sie sich in den Nebenraum begab und das Gespräch entgegennahm. Von dort war für ihre Mutter nur noch ihre gedämpfte Stimme zu vernehmen, deren Tonfall jedoch hin und wieder kräftiger wurde.
»Sorry, Mama«, entschuldigte Sabine sich zerknirscht, als sie eine Minute später ins Wohnzimmer zurückkehrte.
»Dienstlich?«
»Hm«, bestätigte die Kommissarin mit einem Kopfnicken. »Die Pflicht ruft. Aber ich habe darauf bestanden, dass wir erst eine Fuhre rüber nach Bad Vilbel machen. Immerhin habe ich heute offiziell keine Bereitschaft.«
»Bekommst du da keinen Ãrger?«
»Quatsch.« Sabine winkte ab und schüttelte den Kopf. »Aber genau das ist es, verstehst du? Ich möchte ja abrufbereit sein, möchte einen Tatort als Erste betreten, möchte die Ermittlung leiten, all das. Doch mit der Schlagzahl, in der das in Frankfurt geschieht, halte ich einfach nicht mit.«
»Nicht, wenn du deine Mutter pflegen willst«, warf Hedi ein.
»Nicht, wenn ich Zeit zum Durchatmen und für ein wenig Privatleben brauche«, relativierte Sabine Hedis Feststellung, die natürlich essentiell stimmte.
Einmal mehr wurde ihr klar, dass die Entscheidung, in die Provinz zu gehen, keine falsche gewesen sein konnte. Doch bis es so weit war, am 1. Januar 2013, würde sie ihrem Präsidium und ihrem Team zur Seite stehen. Sogar heute, nur eben etwas später, und auch noch für den Rest des Jahres.
Aber es würde nicht mehr lange dauern, bis der letzte Anruf aus Frankfurt für sie käme.
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