Russische Freunde by Barbara Lutz

Russische Freunde by Barbara Lutz

Autor:Barbara Lutz [Lutz, Barbara]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783857919299
Herausgeber: Limmat-Verlag <Zürich>
veröffentlicht: 2013-03-04T23:00:00+00:00


20

Die Begegnung mit Lisa hatte mich gefreut, trotzdem war ich froh, dass dieser Tag vorbeiging. Tobias’ Computerinhalt war ein Reinfall gewesen. Die Stiftung Caris liess nichts mehr von sich hören. Als ich an der Tankstelle vorbeilief, dachte ich wieder einmal an meinen leeren Kühlschrank. Im Tankstellenshop war ich Stammgast. Wie schon oft stand ich vor dem Gestell mit Fertigsuppen, Ravioli in Dosen, Rösti im Beutel, die Auswahl war mir sattsam bekannt. Dann halt heute kein Abendessen, aber ein Bier; ich holte ein Sixpack vom Regal herunter. So langsam war sogar ich der Meinung, dass ich meine Ernährungsweise verbessern sollte. Ich nahm mir vor, morgen richtig zu kochen. Und für ein halbwegs gesundes Frühstück konnte ich sorgen, ich kaufte Milch, Orangensaft, in Plastik verschweisstes Schwarzbrot und ungarische Eier.

Ich war an der Kasse angelangt, als mir der blaue Volvo auffiel, der etwas abseits der Zapfsäulen stand. Mit einer Walliser Autonummer. Ein Mann hinter dem Steuer, den Eingang zu meinem Wohnblock im Blick. Ich zahlte. Draussen vor dem Shop blieb ich hinter den Zeitschriftenständern stehen. Ich konnte die Person im Wageninnern nicht erkennen. Eine Frau ging quer über die Tankstelle zu ihrem Wagen und startete ihn. Als ihre Scheinwerfer aufleuchteten, erkannte ich den Mann. Es war der junge Tramper, von dem der Bademeister gesprochen hatte und den ich auf dem Friedhof gesehen und anschliessend verfolgt hatte. Ich suchte die Gegend ab nach einem zweiten Mann.

Nichts. Nur der Jüngling im blauen Volvo. Ich trat in den Laden zurück. Sie beobachteten also mein Haus. In meine Wohnung konnte ich nicht. Ins Büro auch nicht, denn falls sie mich schon bemerkt hatten, würden sie mir dorthin folgen. Ich stand neben dem Gestell mit Autozubehör. Ich starrte auf Kabelbinder und spürte die Pistole, die ich seit dem Kauf manchmal mit mir herumschleppte, in meiner Manteltasche.

Ich kaufte die Kabelbinder. Ich entsicherte die Waffe oder tat mindestens das, wovon ich annahm, dass es sie entsicherte. Wieder versteckte ich mich hinter den Zeitungsständern, bis ein neu angekommenes Auto Betrieb auf die Tankstelle brachte. Dann trat ich von hinten auf den Volvo zu und stieg ein. Ich weiss nicht, was ich getan hätte, wenn die Autotür abgeschlossen gewesen wäre. So aber setzte ich mich einfach auf den Beifahrersitz, neben den jungen Kerl. Ich zeigte ihm die Pistole, die ich in meinem Schoss in der Hand hielt. Er sah mich ziemlich überrascht an. Ich sagte ihm, er solle losfahren. Erstaunlicherweise folgte er mir.

Er tat, was ich sagte, fuhr aus Bümpliz hinaus. Mit tonloser Stimme gab ich knappe Befehle und sass, ohne mich zu rühren. Jede Bewegung hätte meine Angst verraten. Der Typ sagte nichts und starrte vor sich hin auf die Fahrbahn. Hinter Frauenkappelen befahl ich ihm, links in einen grossen Wald zu fahren. Bisher hatte der Kerl unbeteiligt gewirkt, jetzt wurde er unruhig und sah mich ein paar Mal von der Seite an, während das Auto über einen Kiesweg holperte. Ich nahm die Waffe in beide Hände, zur Sicherheit. Auf einem Parkplatz befahl ich ihm, stehenzubleiben und mir den Autoschlüssel zu geben.



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