Russell, Craig by Walküre

Russell, Craig by Walküre

Autor:Walküre
Format: epub


6.

Ute Cranz schaute auf die Uhr, bevor sie den sorgfältig gedeck­ten Tisch noch einmal - und abschließend - musterte. Robert Gerdes würde in ein paar Minuten eintreffen. Alles war bereit. Jedes Gericht würde genau zum richtigen Zeitpunkt fertig sein. Und die Küche. Auch in der Küche war alles vorbereitet.

Sie trat auf den Standspiegel im Flur neben der Tür zu. Ihr dunkelrotes Haar war hochgesteckt, Lippenstift und Make-up perfekt aufgetragen. Sie trug ein schlichtes, doch teures tiefgrü­nes Kleid, dessen Glanz an Haifischhaut erinnerte. Einen Mo­ment lang fürchtete sie, wie ein Reptil auszusehen, aber dann lachte sie über ihre eigene Unsicherheit. Die Farbe und der Schimmer des Kleides ergänzten und betonten nur die üppigen Kupferfarbtöne in ihrem Haar. Ute glättete das Kleid über den Hüften und Schenkeln. Sie sah wunderbar aus.

Hätte Ute eine Bestätigung benötigt, so wurde sie von Ger­des geliefert, der absolut pünktlich eintraf.

»Frau Cranz«, sagte er, nachdem sie die Tür geöffnet hatte, »Sie sehen ... umwerfend aus.« Seine Augen glitten über ihre Figur und verharrten dann auf ihrem Gesicht. Er lächelte wis­send. »Ich habe das hier mitgebracht.« Er hielt eine große Ak­tenmappe hoch. »Es sind die Einzelheiten des Mietvertrags. Ihre sind bestimmt die gleichen.«

Sie nahm den Ordner entgegen und legte ihn auf den Die­lentisch. Dann griff sie nach dem Glas, das sie vorher dort für ihn hingestellt hatte. Mit einem Lächeln reichte sie ihm das Getränk.

»Ich dachte, ein Schluck Prosecco wäre nett.«

»Wollen Sie ihn nicht mit mir gemeinsam trinken?«

»In einer Minute.« Ihre roten Lippen öffneten sich und ent­blößten makellose Zähne. »Würden Sie es sich bitte bequem ma­chen? Ich muss nur noch ein paar Dinge in der Küche erledigen.«

»Sehr gern«, sagte er mit einer höflichen Verbeugung.

Gerdes machte einen geradezu aristokratischen Eindruck in einem Blazer, mit gestärktem weißen Kragen und einer blauen, von dünnen roten Streifen durchzogenen Krawatte. Irgend­etwas an ihm bewirkte, dass man ihn einer anderen Epoche -einer vergangenen Zeit - zuordnete.

Ute streckte den Arm in Richtung des Esstisches aus, bedeu­tete ihm, Platz zu nehmen, entschuldigte sich noch einmal und ging in die Küche. Sie schloss die Tür hinter sich. Von seinem Platz aus hatte Gerdes nicht in die Küche hineinblicken kön­nen, als sie die Tür öffnete. Genauso hatte Ute es geplant. Sie nahm sich die Zeit, alles noch einmal zu durchdenken, was ge­tan werden musste. Dann ließ sie die Augen durch die Küche schweifen, um sich zu vergewissern.

Ja, alles war bereit.

Sie lauschte dem Köcheln der Suppe auf dem Herd und dem leisen Summen des Absauggebläses. Um sie herum waren der Fußboden, die Ablagen und sogar die Wände bis auf Schulter­höhe mit dicken blauen Plastikfolien bedeckt. Um jeden Sprit­zer seines Blutes aufzufangen.



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