Ruhrgebietsliteratur seit 1960 by Britta Caspers & Dirk Hallenberger & Werner Jung & Rolf Parr

Ruhrgebietsliteratur seit 1960 by Britta Caspers & Dirk Hallenberger & Werner Jung & Rolf Parr

Autor:Britta Caspers & Dirk Hallenberger & Werner Jung & Rolf Parr
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783476048684
Herausgeber: J.B. Metzler


Wenn man bedenkt, unter welch lokaler Flagge das Hochlarmarker Lesebuch an die Öffentlichkeit trat, war die Resonanz überraschend groß. Verglichen mit den Bottroper Protokollen warb hier kein Städte-Name, kein prominenter Vorwort-Schreiber und ebensolcher Verlag. Dennoch war bereits nach eineinhalb Monaten die erste Auflage vergriffen (vgl. Wolter 1982), und zusammen mit der Zweitauflage lag deren Zahl über der gesamten Einwohnerzahl von Hochlarmark (12.000). Der Band, gebunden und großformatig, zudem nicht eben preiswert, hob sich bereits durch sein Äußeres, dessen Großzügigkeit sich im Inneren durch eine Mischung unterschiedlicher Formate bruchlos fortsetzt, von ähnlich verorteten Projekten ab, die man häufig am schlichten Papp-Einband oder ihrem Editionshintergrund als „Geschichte-von-unten“-Produkte erkennen konnte. Tatsächlich berücksichtigen die meisten Besprechungen zu Kohle war nicht alles diesen äußerlichen Aspekt.5 Solchermaßen positiv gestimmt, fährt etwa die Westfälische Rundschau fort, dass trotz der Schilderungen von zwei Weltkriegen, von Unterdrückung und Arbeitslosigkeit das Lesebuch „nicht von einem Alltags-Grauschleier überzogen“ werde (Gürlich 1981), und versucht damit, bei ihren Lesern etwaige Reserven gegenüber dem spröden Stoff zu zerstreuen und auf dessen anekdotischen Charakter zu verweisen. Darüber hinaus formuliert der Artikel eine bemerkenswerte literarhistorische Einordnung, wenn es heißt, mit diesem Buch sei „mitten im Ruhrgebiet dem Anspruch der ‚Geschichtsschreibung von unten‘ mutmaßlich erstmals Rechnung getragen worden“ (ebd.). Der Nürnberger Soziologe und Biografieforscher Friedhelm Kröll entwickelt in seiner ausführlichen Besprechung eine andere Linie, indem er das Hochlarmarker Lesebuch in Verbindung zu den thematisch verwandten Nürnberger Lebensgeschichten (1980) aus dem „Centrum Industriekultur“ setzt, dessen Initiator Hermann Glaser (1928–2018) wiederum den Hochlarmarkern zu ihrem „vorbildlichen, auch für unsere Arbeit, sehr anregenden Werk“ gratulierte (Glaser 1982). Kröll betont, dass gegenüber jenen Nürnberger Lebensgeschichten das Hochlarmarker Lesebuch „die Vorzüge der biographisch-autobiographischen Methodik voll ausgeschöpft“ habe, „indem es deren Gefahren der Detheoretisierung und Tücken des Subjektivismus bewältigt“ habe (Kröll 1982). Das sei vor allem deshalb geglückt, weil das Hochlarmarker Lesebuch konsequent Ernst gemacht habe „mit der Absicht, Kulturgeschichte von unten zu schreiben“. Für Kröll ist es in mehrfacher Hinsicht ein „gelungenes“ Unternehmen. Dazu gehören für ihn die äußere Gestaltung, wie Umschlag und Titel („ästhetische Genauigkeit“), und die didaktische Präsentation; zudem die innere Struktur, die zum einen auf „einer durchdachten Gliederung“ („wohlbegründete und einleuchtende historische Zäsurenbildung“) und zum anderen auf „einer strikt durchgehaltenen Betrachtungsperspektive“ („als wirksames, erkenntnisförderndes Organisationsprinzip des reichen Materials“) basiere. Krölls Hymne, die bis auf eine Ausnahme (das problematische Schlusskapitel „Hochlarmark heute“) alle inhaltlichen und strukturellen Aspekte einschließt, endet mit einem kleinen Verweis auf die entsprechende fiktionale Literatur: „Der Mut zum Panorama, der dem historischen Roman zu wünschen wäre, ist durch die kluge und behutsame Vermittlung von gesellschaftlichem Analysehintergrund und subjektivem Erzählen belohnt worden“ (ebd.). Exakt ein Jahr nach seiner Veröffentlichung widmete sich die Süddeutsche Zeitung dem Hochlarmarker Lesebuch. Dort referiert der Historiker Volker Ullrich, der über die Hamburger Arbeiterbewegung promoviert hatte, in chronologischer Folge den Inhalt, wobei er besonders auf das interessante Material des Kapitels „Nationalsozialismus und Widerstand“ hinweist, das auch für die Forschung alternative Blickrichtungen evoziere. Abschließend lobt der Rezensent die hervorragende Ausstattung des Lesebuchs sowie die gelungene Komposition mit Fotos und Illustrationen, die dem Erzählten „eine zusätzliche



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.