Ruhe nirgends by William Gay

Ruhe nirgends by William Gay

Autor:William Gay [Gay, William]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Arche Literatur Verlag AG
veröffentlicht: 2015-08-05T16:00:00+00:00


Tiefer alter Wald. Die Erde kupferfarben von abgefallenen Nadeln, ein kühler, durchdringender Zedernduft in der Luft. Eine alte Wagenspur endete irgendwo und führte vom Endpunkt nach Hause. Die aufgetürmten Wipfel abgestorbener Zedern lagen ausgebleicht und weiß und so unzerstörbar wie Knochen am Boden.

Seit seiner Kindheit war er nicht mehr in diesen Wäldern gewesen. Es schien, als wäre die Zeit stehen geblieben. Halb wartete er auf klirrende Halteketten, hallende Axthiebe und langsam durchs Erdreich knirschende Wagenräder. Einst stand ein altes Haus hier, hatte sein Vater gesagt. In dem Jahr, als der Sturm kam, riss es der Tornado einfach vom Fundament und wirbelte es davon … wohin, wusste niemand.

Hier ragte ein altes, rostiges Ofenrohr aus dem Erdreich, dort die Überreste eines Waschzubers. Ein paar alte, selbst gebrannte Lehmziegel. An einer ebenen Stelle mit niedrigem Gestrüpp die Grundsteine selbst, unergründlich, zeitlos, ein seltsames, nach keinem bekannten Stern ausgerichtetes Stonehenge.

Laub verstopfte die Quelle. Er kniete nieder, entfernte es mit bloßen Händen und beobachtete, wie klares Wasser langsam kreisend einströmte und Sand und Schlick fortspülte. Ein alter, einäugiger Flusskrebs, der sich zunächst tot stellte, betrachtete ihn misstrauisch aus dem zunehmend klareren Wasser und wich unter einen Stein zurück. Ein Herbstwind wehte die ersten Blätter von dem Baum über ihm; er richtete sich in einem kreisenden Laubsturm auf. Hier hat er getrunken, dachte er und ließ den Blick über die Sandbank schweifen. Wo hatte das Messer gelegen? Sein Vater war regelrecht vernarrt in dieses Messer gewesen, es sah ihm gar nicht ähnlich, es zu verlegen. Er hatte es einmal verloren und zwei ganze Tage danach gesucht, bis er es wiederfand, und er gehörte nicht zu den Leuten, die einen Fehler zweimal machen.

Winer trocknete sich die Hände am Hosenboden ab und stieg die Schlucht hinauf. An der Mündung fand er Trümmer, auf die er sich keinen Reim machen konnte. Alte, rostige Zwanzig-Liter-Kanister, sinnlose Bruchstücke verbogenen Metalls. Ein Füllhorn an leeren Vier-Liter-Eimern Zuckerhirsesirup. Glasscherben. Er setzte sich auf einen Baumstumpf und betrachtete die Abfälle. Sie bargen eine Geschichte, könnte er sie denn entziffern. Ein Häher kreischte, dann herrschte wieder undurchdringliche Stille im Wald. Er erhob sich. Er hatte sich den Gedanken, dass sein Vater tot sein könnte, nie erlaubt, aber jetzt akzeptierte er es.

Winer sah seiner Mutter, die sich ganz auf das Nähzeug in ihrem Schoß konzentrierte, beim Arbeiten zu. Ihre Lider waren von Adern durchzogen und fast ohne Wimpern, die Gesichtshaut straff und glatt über die Wangenknochen gespannt. Sie bemerkte offenkundig weder ihn noch etwas anderes, das nicht mit dem Stoff und der Nadel darin zu tun hatte. Die Lippen hatte sie leicht zu einem Ausdruck verhaltenen Missfallens geschürzt, mit dem sie die Welt stets betrachtete. Sie ist alt, dachte er plötzlich, obwohl er wusste, dass sie es nicht war. Einen Moment lang erinnerte ihn ihre gleichmütige Miene an die der alten Männer in Longs Laden oder bei Hardin, das abgeklärte Gesicht einer alten Frau, die vor langer Zeit von dem hohen Führerhaus eines Holzlastwagens und einem Olymp von Jahren zu ihm herabgesehen hatte, ein Gesicht, das



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