Roter Regen by Michael Moritz

Roter Regen by Michael Moritz

Autor:Michael Moritz [Moritz, Michael]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783897057586
Herausgeber: Emons Verlag
veröffentlicht: 2010-09-15T08:55:49+00:00


DREI

Herbert Brenn hatte darum gebeten, dass Margit nicht in die Uni-Klinik, sondern ins Sauerbruchkrankenhaus gebracht wurde. Hier ging es nicht zu wie auf dem Viehmarkt, der Patient kam in den Genuss eines Einzelzimmers und fühlte sich darin bestätigt, weiterhin in private Kassen einzuzahlen.

Margit konnte ihre verklebten Augen nur mit Mühe öffnen. Es hatte sie heftig erwischt. Die adrette Chefärztin hatte Brenn erklärt, dass es sich um einen Nervenzusammenbruch in Kombination mit fortgeschrittenem Burn-out nebst einer akuten Streptokokkeninfektion handelte. Kurz: Absolute Ruhe und keinerlei Aufregung waren die Voraussetzungen für eine zügige Genesung. Am liebsten wolle man sie eine Woche hierbehalten, um auch gleich die psychologische Betreuung für das Burn-out einzuleiten, nachdem das Fieber gesunken wäre.

Herbert Brenn wollte gar nicht daran denken. Die Woche Krankheit hätte er noch verkraftet, aber Belledin würde Margit anschließend in U-Haft stecken, solange ihre Unschuld nicht erwiesen wäre. Das Weingut ohne Margit, wie sollte das funktionieren? Er konnte doch in der jetzigen Situation nicht irgendeinen an ihre Stelle setzen. Margit war unersetzbar, das Weingut Brenn würde binnen zwei Wochen vom Erdboden verschluckt sein.

Wer wusste schon von den Verbindlichkeiten und den Risiken, die Brenn eingegangen war, um die Nummer eins am Kaiserstuhl zu werden? Mit einer Mörderin als Tochter wäre ohnehin alles aus. Aber Brenn glaubte an die Unschuld Margits. Vor allem weil er daran glauben musste. Ansonsten konnte er sich den Strick nehmen und sich im Hoftor erhängen, wie es so viele seiner Winzerkollegen bereits getan hatten. Der Kaiserstuhl war bekannt für seine Affinität zum Suizid. Der Selbstmord lag in den Genen wie der Geschmack des Vulkansteins im gereiften Wein – aber Mörder waren selten. Eher löschte man sich selbst aus, als anderen das Leben zu nehmen. Selbst Brenn würde in seiner Not keinen Amoklauf auf die Sparkasse starten, sondern sich in aller Stille ein Ende setzen. Ohne Abschiedsbrief, nur als baumelndes Überbleibsel, als stummer ewiger Vorwurf an die Verbliebenen.

Die Tür des Krankenzimmers öffnete sich, und Silke trat ein. Sie blieb stehen und wartete, bis einer der beiden Polizisten, die Belledin vor dem Zimmer postiert hatte, damit seine Hauptverdächtige nicht überraschend durchbrannte, die Tür hinter ihr wieder schloss. Dann stürzte sie auf ihren Vater zu und umarmte ihn, während sie ein paar Tränen herauspresste. Wie konnte Margit ihr so etwas antun? Kurz vor ihrer Krönung? Hatte sie mit ihrer heimlichen Schwangerschaft nicht schon genug Sorgen? Am liebsten hätte sie sich auf die hilflose Kranke geworfen und sie grün und blau geschlagen. Aber sie heuchelte Sorge. Das war sie ihrem Vater und ihrer Rolle schuldig.

Brenn strich der schluchzenden Silke über die blonden Locken, wie er es auch bei einem Hund getan hätte. Silke war ihm immer eine Fremde geblieben. Zu sehr hatte ihre Mutter sie von ihm ferngehalten, nie war sie im Weinberg zu gebrauchen gewesen. Sie waren sich fremd, aber jeder wusste den anderen zu benutzen. Brenn war selbst überrascht gewesen, dass Silke für das Weingut noch so wertvoll hatte werden können. Durch ihre Prinzessinnen-Allüren war es überhaupt erst möglich geworden, die Elefantenhochzeit mit Zimmerlin anzudenken. Die Idee hatte aber nicht Brenn gehabt, sondern sein strategischer General: Margit.



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