Robin Hood by Johnston Andrew James
Autor:Johnston, Andrew James
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406645426
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2014-10-28T00:00:00+00:00
Wandel und Ende der Robin-Hood-Spiele
Bald nach 1500 dringt jenes weibliche Element in die Legende ein, das man heute fast automatisch mit Robin verbindet: Maid Marian, die Frau an seiner Seite. Sie taucht zuerst in den play-games auf. Ihr Erscheinen ist unterschiedlich erklärt worden. Für manche Beobachter setzt sie Robins mythische Rolle als Summer King fort und vollendet logisch die Fruchtbarkeitssymbolik, die sich in den play-games manifestiert. Offenbar haben aber auch literarische Quellen dazu beigetragen, Marian als Figur zu etablieren. Dies lässt sich vor allem über ihren Namen herleiten. Um das Jahr 1282 hatte der französische Dichter und Komponist Adam de la Halle das sogenannte Li Jus de Robin et de Marion gedichtet und komponiert. Dieses musikalische Schauspiel gilt als das erste weltliche Theaterstück der französischen Literaturgeschichte. Es handelt von der Schäferin Marion und ihrem Geliebten Robin, deren Beziehung bedroht wird, als ein Adliger versucht, Marion zu verführen. In der ersten Hälfte des Stückes weist Marion den Ritter ab, in der zweiten entführt der Ritter Marion. Robin holt Hilfe, Marion kann sich befreien. Das Stück endet mit einem Fest der Schäfer. Ob und wie Elemente dieses Stückes in England bekannt wurden, ist umstritten. Immerhin besteht durch seine Verbindung mit Maibräuchen und Pfingstfesten eine gewisse Parallele zum englischen Kontext: In den 1390er Jahren wurde es beispielsweise regelmäÃig zu Pfingsten in Angers aufgeführt. Angers liegt gerade noch nahe genug an den englischen Besitztümern um Bordeaux, dass man sich zumindest vorstellen kann, wie die Kenntnis des Stückes von dort nach England gelangt sein könnte. Dass eine solche Tradition gerade über Bordeaux nach England hätte wandern können, ist jedenfalls nachvollziehbar. Die Gegend um Bordeaux war im späten Mittelalter mit England wirtschaftlich und politisch eng verflochten: wirtschaftlich, weil die Engländer von dort ihren Wein importierten, der für die Inselbewohner damals ebenso wichtig war wie Bier; politisch, weil diese Gegend dem englischen König in seiner Eigenschaft als Herzog von Aquitanien als Lehen der französischen Krone gehörte und erst 1451, als der Hundertjährige Krieg in sein Endstadium trat, an die Franzosen verloren ging.
So harmlos sich die neu hinzugekommene Marian als mythische â¹Summer Queen⺠auf den ersten Blick ausnimmt, so wichtig ist das politische Signal, das sie setzt. Indem sie Robin in eine heterosexuelle Beziehungsstruktur einbindet, schränkt sie das vorher bestehende anarchische Moment der gewalttätigen homosozialen Gruppe junger Männer ein. Sie spielt eine zivilisierende Rolle, indem sie Robin in die gemischtgeschlechtliche Paarstruktur und damit auch in die Gesellschaft einbindet. An die monogame, institutionell in der Ehe verankerte Heterosexualität â Robin hätte ja auch ungezügelten Geschlechtsverkehr mit vielen Frauen (und/oder Männern) haben können â knüpfen sich unausgesprochene ökonomische, soziale und kulturelle Erwartungen, wie etwa die Gründung einer Familie und eines Hausstandes. Erst durch Marian wird es überhaupt möglich, Robin Hood dauerhaft in gesellschaftlich stabilisierende Symboliken zu integrieren, mit denen sich auch die herrschenden Klassen identifizieren können. Nicht nur in politischer, sondern auch in literarischer Hinsicht birgt die Figur Marians damit den Keim einer Entwicklung. Während die frühen Balladen ein ewiges Hier und Jetzt der Jungmänner-Bande inszenierten, in der es weder
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