Rentierköttel by Lars Simon

Rentierköttel by Lars Simon

Autor:Lars Simon [Simon, Lars]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783423428644
Herausgeber: Deutscher Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2015-10-25T16:00:00+00:00


Čiežanuppelohkái

Anders hatte sich zwar ein wenig beschwert und uns vorgeschlagen, ihn mitzunehmen und keinesfalls bei diesen Irren zurückzulassen, aber ich machte ihm klar, dass er sich keine Sorgen zu machen brauche und dass wir bald zurück seien. Er solle bei Odin bleiben und eine etwaige Atemnot mit einer Ziegenorakel-zu-Gott-Beatmung beheben. Er erklärte sich erstaunlich schnell einverstanden, winkte uns zum Abschied zu und machte ein Daumen-hoch-Zeichen. Er schien mir fast zu entspannt und überschwänglich in Anbetracht der misslichen Lage, in der wir uns alle befanden – oder hatte er aufgrund des schier unerträglichen Surströmmingdunstes im Stall auch eine leichte Sinnestrübung erfahren?

Nachdem ich mich ein letztes Mal von Leifssons zwar noch besorgniserregendem, aber immerhin stabil-schlechtem Zustand überzeugt hatte, machten Rainer und ich uns auf den Weg nach Midgard. Ich stapfte voran, Rainer hinterher. Der war allerdings verdächtig still; ich vermutete, dass er noch immer davon betroffen war, eventuell den Gottvater auf dem Gewissen zu haben.

Die Asen hatten eine deutlich sichtbare Spur durch den Schnee gezogen, die im Mondschein gut sichtbar vor uns lag. Zuerst hatte ich vorgehabt, eine der batteriebetriebenen Funzeln aus dem Stall für den Abstieg zu verwenden, aber diese Idee hatte ich schnell wieder verworfen. Die Gefahr, dass einer der Irren so auf uns aufmerksam werden könnte, war mir zu groß. Allerdings hatte ich Rainer trotzdem eines der Lämpchen in die Hand gedrückt. Wer wusste schon, wofür wir es noch brauchen würden?

Wir erreichten Bifröst. Die sogenannte Brücke war unbewacht, und wir rutschten über die eisigen Planken auf die andere Seite. In einiger Entfernung zeichnete sich bereits die Siedlung ab, hie und da schimmerten ein paar Lichtpunkte durch die Nacht herüber. Sterne funkelten, der Mond grinste schelmisch, die Kälte klirrte fast hörbar.

»Schade, ne«, bemerkte Rainer in besinnlichem Flüsterton. Es war das Erste, das er sagte, seitdem wir aufgebrochen waren.

Ich drehte mich zu ihm um. »Was meinst du?«

»Na, irgendwie idyllisch hier, ne. So obersteinsam und so. Und schön, ne. Schweden eben.«

Rainer hatte recht. Es war idyllisch. Es war einsam. Und es war schön. Irgendwie. Und in Schweden war es auch. Allerdings musste man dazu unsere Lage ausblenden. Bis jetzt hatten wir Glück gehabt, aber es war noch nicht vorbei. Noch lange nicht.

»Die werden mich ausweisen.«

»Wie bitte?«, fragte ich.

»Na logo, jetzt wo ich einen Mord nicht verhindert habe, ne. Schönes Land, und ich muss raus. Mist! Krass, krass, echt oberstkrass.«

Ich hatte mich also nicht getäuscht. Er brauchte Trost. Ich versuchte, ihn zu beruhigen, und legte ihm die behandschuhte Hand auf die Schulter. »Rainer, erst mal wäre das kein Mord, sondern Totschlag, außerdem hat Anders Leifsson umgerannt und nicht du, und es ging so schnell, dass ich ja auch nichts unternehmen konnte. Aber das wichtigste Argument ist, dass Thoralf Leifsson noch lebt. Sein Herz dürfte vom Volumen her für eine Kleinfamilie genügen. Und ehrlich gesagt schätze ich, dass sie dir eher die Ehrenbürgerschaft anbieten, wenn wir uns, ihn und seine Hunde retten und heil hier rausbringen, okay?«

»Echt?«

»Keine Ahnung, aber ausweisen wird dich jedenfalls keiner. Komm jetzt. Wir müssen weiter, okay?«

»Okay.« Rainer nickte.

Ich ging wieder voraus.



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