Regulator: Roman by Stephen King

Regulator: Roman by Stephen King

Autor:Stephen King
Die sprache: de
Format: mobi
Tags: Horror
ISBN: 9783453435810
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2000-01-01T23:00:00+00:00


3

Der Anblick von Ralphie Carver tat Johnny in der Seele weh. Jim Reed, dessen Mitgefühl von der Aufregung über das bevorstehende Unternehmen verdrängt worden war, hatte Ralphie von sich gestoßen, so daß der Junge nun mit dem Daumen im Mund und einem großen nassen Fleck im Schritt seiner Shorts zwischen Herd und Kühlschrank stand. Sein ungezogenes, prahlerisches Benehmen war verschwunden. Seine Augen waren riesig und still und glänzend. Johnny fand, er sah aus wie Drogensüchtige, die er gekannt hatte. Johnny blieb an der Küchentür stehen und setzte Ellie ab. Sie wollte nicht gehen, aber schließlich gelang es ihm, ihre Hände behutsam von seinem Nacken zu lösen. Ihre Augen blickten ebenfalls wie im Schock, aber Johnny konnte nichts von dem barmherzigen Glanz sehen, der in denen ihres Bruders stand. Er sah an ihr vorbei und erblickte Kim und Susi Geller, die auf dem Boden saßen und die Arme umeinander gelegt hatten. Gefällt Mom wahrscheinlich besser, dachte Johnny und dachte daran, wie die Frau mit dem jungen David Reed um das Mädchen zu kämpfen schien. Vorhin hatte David gewonnen, aber jetzt hatte er ein heißeres Eisen im Feuer; er würde sich zur Anderson Avenue und in die unbekannte Wildnis aufmachen. Das änderte aber nichts an der Tatsache, daß es hier zwei Kinder gab, die seit dem Mittagessen zu Waisen geworden waren. »Kim?« fragte er. »Könnten Sie mir vielleicht ein bißchen helfen und -« »Nein«, sagte sie. Nicht mehr, nicht weniger. Und ruhig. Ohne trotzigen Blick, ohne hysterische Stimme ... aber auch ohne Mitgefühl. Sie hatte einen Arm um ihre Tochter gelegt, ihre Tochter einen Arm um sie, schnuckelig wie selten, zwei weiße Mädchen, die herumsaßen und darauf warteten, daß die Wolken sich verzogen. Möglicherweise verständlich, aber Johnny war trotzdem wütend auf sie; plötzlich verkörperte sie für ihn alle, die gelangweilt dreinschauten, wenn das Gespräch auf Aids oder obdachlose Kinder oder die Abholzung des Regenwalds kam; sie verkörperte jeden, der über einen auf der Straße schlafenden Obdachlosen hinwegschritt, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Was er selbst gelegentlich auch schon getan hatte. Johnny konnte sich vorstellen, wie er sie an den Armen packte, auf die Füße zerrte, sie herumdrehte und ihr einen saftigen Tritt mitten in ihren schmalen Arsch versetzte. Vielleicht würde sie das aufwecken. Und selbst wenn nicht, würde wenigstens er sich ein bißchen besser fühlen. »Nein«, wiederholte er und spürte, wie eine alberne Wut in seinen Schläfen pochte.

»Nein«, stimmte sie zu und zeigte ihm ein klägliches kleines Wenigstens-Sie-verstehen-mich-Lächeln. Dann drehte sie den Kopf zu Susi und strich dem Mädchen über das Haar. »Komm her, Liebes«, sagte Belinda zu Ellen, bückte sich und breitete die Arme aus. »Komm her und bleib ein Weilchen bei Bee.« Das Mädchen kam stumm, das Gesicht zu einer verkrampften Maske des Kummers verzerrt, die ihr Schweigen irgendwie noch schlimmer machte, und Belinda nahm sie in die Arme.

Die Reed-Zwillinge beobachteten das alles, sahen es aber eigentlich nicht. Sie standen mit großen Augen und aufgeregt an der Hintertür. Cammie ging zu ihnen, stellte sich vor sie und maß sie mit einem Blick, den Johnny zuerst für Strenge hielt.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.