Rachmann, Tom by Die Unperfekten

Rachmann, Tom by Die Unperfekten

Autor:Die Unperfekten [Unperfekten, Die]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-11-27T15:53:56.644000+00:00


Zeina gibt die Bestellung für beide in fließendem Arabisch auf, findet einen Tisch und holt auch die beiden Gläser Sakara-Bier selbst ab. Dann setzt sie sich, streicht ein paar gegelte Strähnen ihrer schwarzen Haare nach hinten und fragt mit einem listigen Grinsen: »Und? Gefällt dir Kairo?«

»Ja klar. Ist wirklich interessant«, sagt Winston. »Gibt zwar ein paar Sachen zu meckern, aber das ist Kleinkram.«

»Zum Beispiel?«

»Nichts Ernstes.«

»Sag mir ein Beispiel.«

»Naja, die Luft hier kann man kaum atmen, bei der ganzen Umweltverschmutzung. Ist irgendwie, als ob man beim Einatmen direkt vor einem Auspuff hängt. Die Hitze haut mich manchmal fast um. Und das Essen hier ist nicht besonders genießbar. Oder ich habe vielleicht bisher immer danebengegriffen. Außerdem ist das hier ein Polizeistaat, was ich gar nicht mag. Und dann habe ich das Gefühl, die Einheimischen würden mich am liebsten erschießen. Also, nur, wenn ich mit ihnen reden will. Ich bin natürlich selber schuld - mein Arabisch ist völlig unbrauchbar. Aber eigentlich, doch«, schließt er, »ist wirklich interessant.«

»Und Snyder? Wie findest du den?«

»Du kennst den?«

»Na sicher.«

»Was ich von ihm halte?« Winston zögert. »Na ja, ich denke, so oberflächlich gesehen, muss ich zugeben, kam er mir irgendwie leicht, ähm, ehrgeizig vor. Aber nachdem ich ihn ein bisschen kennengelernt habe, glaube ich eigentlich eher, er ist -«

»Noch viel ehrgeiziger?«

Ungewollt freimütig vollendet Winston seinen Satz: »- 'n ziemlicher Wichser, wollte ich sagen.« Er wischt seine Brille trocken. »Sorry. Ich habe dich jetzt nicht beleidigt, nein?«

»Red keinen Quatsch. Der gehört nicht zu meinen Freunden«, sagte Zeina. »Woran arbeitet ihr beiden eigentlich gerade?«

»Wenn ich das genau wüsste. Ehrlich gesagt, bis er kam, hatte ich noch nichts geschrieben. Aber ich war ganz gut vorangekommen. Dachte ich jedenfalls. Ich habe die Stadt ein bisschen kennengelernt, Arabisch gelernt. Eines Tages hätte ich schon was zustande gekriegt. Dann ist der hier eingefallen. Hat meinen Laptop geklaut. Der hat so eine unheimliche Power, der trampelt auf mir rum und gibt mir gleichzeitig das Gefühl, ich bin ihm verpflichtet. Er macht mir schon auch Mut - erzählt andauernd, dass ich der Favorit für den Reporterjob hier bin, dass er selbst null Chancen hat, dass ich ganz klar die erste Wahl bin und so weiter. Aber je mehr ich mit ihm zu tun habe, desto lächerlicher komme ich mir vor. Ich verstehe auch nicht, wieso ein Typ mit seiner Erfahrung auf einen Posten als einfacher Reporter scharf ist.«

»Irak«, sagt sie. »Snyder will unbedingt in den Irak. Versucht er schon, seit der Krieg anfing. Hat er dir erzählt, was er gemacht hat, bevor er nach Kairo gekommen ist?«

»Irgendwas mit einem Preis?«

»Er hatte ein Blog über den Irak. Beziehungsweise darüber, wie er da reinzukommen versuchte. Wie er wieder umdrehen musste an der Grenze im Iran, in der Türkei, in Syrien, in Jordanien, in Saudi-Arabien, in Kuwait. Gott sei Dank hat der Irak so viele Grenzen - hat ihm jede Menge Stoff geliefert. Aber eins muss ich ihm zugutehalten: Er meint es wirklich ernst. Der Typ ist mehr als nur gutaussehend.«

»Du findest ihn gutaussehend?«

»Na ja, er macht schwer auf Kriegsreporter-Draufgänger.



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